„Wir weinen mit“, sagt Regierungssprecher Arne Braun. Bei den Artisten auf dem Wasen fließen Tränen – der Weltweihnachtscircus fällt erneut aus. Mit einer Obergrenze von 750 Gästen sei der Zirkus nicht machbar. Die Musicals und der Christmas Garden machen weiter.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Yann Rossi, der weiße Clown mit der Trompete, hängt auf den Werbeplakaten für den Weltweihnachtscircus quer durch die Stadt – zum Lachen ist ihm aber nicht mehr zumute. „Bei unseren Artisten sind viele Tränen geflossen“, berichtet Zirkuschef Henk van der Meijden, „es ist so furchtbar traurig.“ Alle seien guter Dinge gewesen, „dass wir dieses Jahr die Menschen in Stuttgart erfreuen können“. Doch Corona verhindert dies erneut.

 

Bei Großveranstaltungen, dies steht nun fest, sind in Baden-Württemberg nicht mehr als 750 Personen erlaubt. Würde sich der holländische Produzent darauf einlassen, müsste er noch mehr drauflegen als ohnehin schon. Ihm blutet das Herz. Was der 84-Jährige unter allen Umständen verhindert wollte, tritt ein – am Freitag muss er gegen 16 Uhr doch absagen. „Wir weinen mit“, sagt Arne Braun, der Regierungssprecher von Winfried Kretschmann, unserer Zeitung, „im Ernst, es ist eine Tragödie, und nicht die einzige, aber es ist ein klassisches Dilemma.“

Christmas Garden macht mit 2 G plus weiter

Auf den vielen Plakaten in der Stadt steht: „Wir sind wieder da.“ Das größere Zelt mit acht statt sechs Masten und mit 3300 Plätzen, von denen man 1650 besetzen wollte, ist auf dem Wasen längst aufgebaut. Die Artisten sind aus aller Welt angereist. Mit den Proben sollte begonnen werden, am nächsten Mittwoch wäre die Preview gewesen, am Donnerstag Premiere. „Wir sind bald weg“, muss es nun heißen. Die gekauften Karten gelten für das nächste Jahr oder können zurückgegeben werden. In der zirkusverrückten Stadt Stuttgart herrscht Trauer.

Der Christmas Garden in der Wilhelma bleibt weiterhin geöffnet (täglich von 17 bis 22 Uhr) – er befindet sich im Freien. Doch künftig gilt dort die 2-G-plus-Regel. „Wir haben eine Teststation in der Nähe des Eingangs“, sagt Veranstalter Christian Doll.

Stage Entertainment gibt als Devise aus: „Kopf hoch!“

Die Stage Entertainment geht davon aus, in Stuttgart weiterhin „Aladdin“ (Apollo-Theater) und „Tanz der Vampire“ (Palladium-Theater) spielen zu können. In die beiden Häuser passen jeweils über 1000 Zuschauer. „Bei allen Shows, die jetzt schon über 750 Gästen liegen, kontaktieren wir ab sofort und nach dem Zufallsprinzip die Ticketinhaberinnen und Ticketinhaber, um mit ihnen Ersatztermine abzustimmen“, sagt Stephan Jaekel, der Kommunikationschef des Hamburger Musicalunternehmens. Was ihn zuversichtlich stimmt trotz der Kurzfristigkeit dieser politischen Entscheidung: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade in dieser für alle so seltsamen Pandemiezeit unsere Gäste verständnisvoll reagieren, und wir bemühen uns unsererseits mit allen Kräften, für alle Betroffenen eine individuell gute Lösung zu finden.“

Einnahmen reichen so nicht für die laufenden Kosten aus

Wirtschaftlich sei die neue Obergrenze „keine schöne Situation für uns“, erklärt Jaekel. Denn die Einnahmen aus der gedeckelten Publikumszahl reichten nicht aus, um die laufenden Kosten zu begleichen. „Kopf hoch“, gibt der Unternehmenssprecher als Devise aus – damit wendet er sich ausdrücklich auch an alle anderen Kulturveranstalter in Stuttgart. Wenn die öffentlichen Hilfen nicht ausbleiben, könnte die Branche überleben, hofft er. Bisher seien bei Verlusten durch verordnete Kapazitätsbeschränkungen „Ausgleichszahlungen aus Landes- oder Bundesmitteln zumindest bis zur Plus-minus-null-Grenze“ erfolgt. Die Stage Entertainment geht davon aus, „dass das auch jetzt weiter gilt“. Damit könnten Musicals weiter spielen und den Menschen in einer von schlechten Nachrichten geprägten Zeit „drei Stunden Freude und das Eintauchen in eine andere Welt ermöglichen“, so Jaekel.