Gymnastik mit viel Bauch-Beine-Politik? Halsbrecherische Rolle rückwärts? Wortspiele bis hin zum unsäglichen Nons-enz? Weiterlesen, bitteschön!

Satt-Tiere - Genosse Zeitgeist ist ein Wortspieler. Zu Marketingzwecken wird die deutsche Sprache gerne gedehnt bis weit über die Geschmacksgrenze hinaus. Erlaubt ist, was sich verkauft – da ist Ludwigsburg traditionell als kommunaler Leuchtturm an der Spitze dabei. Die Stadt wirbt mit „Ludwigs Burg“ für ihre Kinderfreundlichkeit, die Innenstadthändler verteilen Parkscheine als „Parkeschön“ an die Kunden. Aber Obacht! Die Konkurrenz schläft auch hier nicht.

 

Nur wenige Wagen westwärts, im Enzkreis nämlich, droht verbales Ungemach. Die Stadt Mühlacker wirbt für die Landesgartenschau in den Enzgärten mit Slogans wie „sehenzwert“ oder „lebenzwert“. Da kann man nicht neckarn: auch wenn manche Sprachschöpfung grenzwertig erscheint, entscheidend ist doch das Enzprodukt – oder besser öffentliche Aufmerksamkeit. Wirbt Vaihingen dann bald mit der herrlichen Enzzeitstimmung unterm Kaltenstein? Es gäbe jedenfalls keinen Grund für Marketing-Enzsagung.

„L’ état, c’est moi – der Etat bin ich!“

Enzlich mischt sich Ludwigsburg auch wieder mit Anregungen ein. Bekanntlich hatte der Gemeinderat dagegen gestimmt, für den Fachbereich „Sport und Gesundheit“ einen expliziten Gesundheitsfachmann einzustellen. Und was tut die oberhofkönigliche Regierung, pardon: die Verwaltung des Oberbürgermeisters Werner Spec? Sie tut so, als wäre der Beschluss nie gefallen und stellt den Finanzposten klammheimlich doch in den Haushaltsplan für 2015 ein. Da Spec ohnehin neuerdings seine Etats per Videobotschaft bürgernah erläutert (wobei die Worte „generationengerecht“ und „nachhaltig“ gefühlte 98-mal auftauchen), bietet sich ein markiger Marketingspruch an: In Anlehnung an das selbstbewusste „L’ état, c’est moi!“ des französischen Sonnenkönigs Louis XIV. könnte Spec verlautbaren: „Der Etat bin ich!“. Und heißt nicht der Verein der Ludwigsburger Innenstadthändler ohnehin Luis? Eben! Jetzt erschließt sich auch die inflationäre Verwendung des Begriffs „Nachhaltigkeit“: das Wort ist eine Abkürzung für „nachher halt ich mich nicht mehr an Beschlüsse, sondern tu, was ich eh tat im Etat“.

Totgesagte schweben länger

Das kann den Remseckern mit ihrem Hochberger Tunnel nicht passieren. Der millionenschwere Posten taucht im Haushaltsplan des dafür zuständigen Landkreises ganz bestimmt bis auf Weiteres nicht mehr auf. In welchem politischen Aggregatzustand befindet sich also der Tunnel? Vornehme Menschen sagen, er sei „bis auf Weiteres nicht realistisch“, böse Zungen sagen, er sei schlichtweg tot. Doch dagegen verwahrte sich jüngst der Hochberger FDP-Stadtrat Kai Buschmann. Der Tunnel sei keineswegs mausetot, sondern nur auf die lange Bank geschoben, es befinde sich gleichsam „in einem Schwebezustand“, bat Buschmann sich aus. Marketing-Vorschlag für die Hochberger Tunnelinitiative: „Totgesagte schweben länger.“

Politische Rolle rückwärts

Wortakrobatik ist die eine Sache. Physische Akrobatik die andere. Auf Anregung der Ärztin und CDU-Stadträtin Uschi Traub betreibt der Ludwigsburger Gemeinderat neuerdings neben geistigen Verrenkungen auch selbiges bei den Gliedmaßen. Nach drei Stunden Sitzung ist Gymnastikpause angesagt. Es kann schließlich nicht angehen, dass immer nur der OB im Ratssaal den Hampelmann macht. Überhaupt hat Spec in dieser Hinsicht keinerlei Nachholbedarf. Der erwähnte haushaltstechnische Tatbestand mit den Kosten für den Gesundheitsförderer war im Turnvater Jahn’schen Lichte betrachtet nämlich keineswegs eine Missachtung des Gemeinderats, wie die gemeine CDU polterte. Es war der Versuch, die Beschlusssehnen zu dehnen, mit anschließender Rolle rückwärts – und strittigen Haltungsnoten.

Merke: im Ludwigsburger Gemeinderat gibt es nicht nur akrobatische Argumentationen. Sondern auch handfeste Bauch-Beine-Politik.