„Unmenschlich“ seien die Morde der Hamas, heißt es in Analysen. Der Philosoph Helmuth Plessner wies dagegen schon in den 60er Jahren auf das allzu Menschliche solcher Taten hin. Seine Betrachtungen sind schmerzhaft – und aktuell.

Als im Frühjahr 1966 in Biberach eine Vortragsreihe mit dem Titel „Wege und Gestalten“ geplant wird, ergeht auch eine Einladung an Helmuth Plessner. Man weiß nicht mehr, was den Gastgeber, ein lokales Unternehmen, seinerzeit bewog, den emeritierten Hochschullehrer aus Göttingen in den Südwesten zu locken – aber die Wahl leuchtet, auch heute noch, ein. Plessner war nicht nur ein weithin geachteter Gelehrter, der sich im Grenzbereich zwischen Philosophie und Soziologie bewegte; er gilt auch als einer der Mitbegründer der Philosophischen Anthropologie. Er, der 1933 wegen der jüdischen Abstammung seines Vaters Deutschland verlassen musste und erst siebzehn Jahre später zurückkehrte, zählt zu jenen, welche die Frage nach dem, was den Menschen zum Menschen macht, auf ein neues Niveau hoben.