Kurz vor Beginn des Wintersemesters sind günstige Studentenbuden in Stuttgart besonders umkämpft. Weil die Wohnheime aus allen Nähten platzen, setzen die Studierendenwerke auf Mietangebote von Privatleuten.

Stuttgart - Wer jetzt noch für das Wintersemester ein Plätzchen in einem Studentenwohnheim sucht, hat schlechte Karten. „Für Hohenheim können zum Wintersemester 2015/16 keine Bewerbungen mehr bearbeitet werden. Die Zimmervergabe erfolgt an die bereits vorliegenden Bewerber“, heißt es auf der Homepage des Studierendenwerks Tübingen-Hohenheim. Die Nachfrage ergibt: „Die 497 freien Plätze sind mehr oder weniger vergeben“, sagt dessen Sprecher Simon Leimig. Knapp 1400 Bewerber hätten sich darauf gemeldet, rund 500 stünden noch auf der Warteliste. „Von Entspannung kann auf keinen Fall die Rede sein.“ Im Studierendenwerk Stuttgart sind noch 3753 Bewerbungen offen. „Derzeit müssen Studierende mit einer Wartezeit von fünf bis sechs Monaten rechnen“, sagt die Sprecherin Melanie Westphal.

 

Doch auch die Vermittlung von Privatzimmern gestalte sich schwierig. Grund sei insbesondere „die weiterhin anhaltend überproportionale Steigerung des Mietniveaus des Stuttgarter Mietwohnungsmarktes“, erklärt Westphal. 371 Angebote von privat finden sich derzeit auf dem Onlineportal des Stuttgarter Studierendenwerks. „Bei einigen Angeboten geben Vermieter auch Hinweise auf eine gewünschte Mithilfe“, berichtet Westphal. So werde zum Beispiel „zeitweise Betreuung unseres zehnjährigen Sohnes“ oder „Mithilfe bei der Gartenarbeit“ verlangt.

Private Mietgebote mit Dienstleistung werden nicht forciert

Die Sprecherin betont aber: „Wir forcieren Wohnen mit Hilfe nicht, da wir es als unsere primäre Aufgabe ansehen, Studierenden durch das Bereitsstellen einer sozialen Infrastruktur sowie Beratung das Studium zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.“ Aus dem gleichen Grund habe man die Wohndauer in den Heimen wieder von 24 auf 36 Monate erhöht, so dass es für ein komplettes Grundstudium reiche. „Wir wollen Ruhe ins Studium reinbringen“, sagt Melanie Westphal.

Bei der Vermittlung von Privatzimmern arbeitet das Studierendenwerk Stuttgart nun bereits im dritten Jahr mit dem Verein Haus und Grund zusammen. Die Kooperation gestaltet sich so, dass das Studierendenwerk auf seiner Website ein Portal für Privatzimmer bereitstellt. Und der Verein Haus und Grund bietet seinen Mitgliedern einen speziellen Beratungsdienst an. Rechtsexperten sagen den privaten Vermietern, woran sie bei der Vermietung an Studierende denken sollten und wie sie ihre Wohnung oder auch einzelne Zimmer flexibel vermieten können, ohne sich langfristig zu binden. Auch Fragen zur Überlassung an WGs sowie Mietsicherung durch die Eltern würden dabei beantwortet.

Studierendenwerke wollen private Vermieter gewinnen

Doch auch durch Zeitungsanzeigen sowie mit Werbebannern auf Bussen und Bahnen versuchen die Studierendenwerke, Privatleute dafür zu gewinnen, an Studenten zu vermieten. Die Kampagne werde vom Wissenschaftsministerium finanziell unterstützt, so Westphal.

Auch im Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim setzt man zusätzlich zu den Heimen auf die Vermittlung von Privatzimmern. „Da arbeiten wir mit dem Asta der Uni Hohenheim zusammen“, sagt Simon Leimig. Auf der Online-Wohnungsbörse, die sich auf der Homepage der Uni Hohenheim findet, sind derzeit rund 100 Angebote eingestellt. Sie reichen vom 150 Quadratmeter großen Reiheneckhaus im Stuttgarter Süden mit sechs Zimmern für 2100 Euro kalt bis zum 20-Quadratmeter-Zimmer an „hundefreundlichen Mitbewohner“ für 300 Euro kalt in Degerloch. Man kann aber auch mehr ausgeben: zum Beispiel 320 Euro Kaltmiete für ein zwölf Quadratmeter großes Zimmerchen in Heumaden – aber den Zuschlag erhält nur, wer ruhig ist und auf Partys verzichtet.

„Schöne Wohnung“ nur in Verbindung mit Minijob

Es gibt auch noch extremere Auflagen. So bietet ein Vermieter „zwei Minijobs in Gastronomie-Service und eine sehr schöne Dreizimmerwohnung in Uni-Nähe mit guter Busverbindung“. Drei Zimmer für 800 Euro warm. Er stellt aber klar: „Die Wohnung wird nur in Verbindung mit einem Arbeitsverhältnis angeboten.“ So viel zum Thema „schöner studieren“.

Entlastung wird ein neues Wohnheim in der Rosensteinstraße bringen, das das Stuttgarter Studierendenwerk baut, mit 346 Plätzen. Es soll in einem Jahr eröffnet werden. Die Hohenheimer Kollegen tun sich mit Neubauten schwer: „Es ist nicht so einfach, geeignete Bauplätze zu finden“, sagt Leimig. Wie in den Vorjahren werden wieder Notbetten für die Erstsemester eingerichtet. Auch wenn keiner sie nutzt.