Die Abwanderung von qualifizierten Arbeitern und Akademikern macht Bulgarien und Rumänien zu schaffen. Viele Ärzte kehren den Balkanländern den Rücken. Deshalb drohen dort höhere Gesundheitskosten.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen löst auch bei den beiden EU-Habenichtsen nicht nur Jubel aus. Angesichts von bis zu 20 Mal höheren Löhnen werde Bulgarien Probleme haben, seine Ärzte im Land zu halten, unkt die Zeitung „24 Chasa“: „Es gibt kaum noch Ärzte, die nicht ans Auswandern denken.“ Die Erhöhung der Arztgehälter in Bulgarien und damit höhere Krankenkassenbeiträge seien „unausweichlich als erste reale Folge der Freizügigkeit“.

 

Seit den 90er Jahren haben drei Millionen Rumänen und eine Million Bulgaren ihre Heimat verlassen, um mit der Arbeit in der Fremde ihre Familien über Wasser zu halten. Keineswegs sind es nur ungelernte Erntehelfer oder Bauarbeiter. Das Phänomen des „Braindrain“, der Abwanderung hoch qualifizierter Fachkräfte, macht den beiden Schwarzmeer-Anrainern schon seit Jahren zu schaffen.

Auch die Mathematik-Talente wandern ab

Mit Medaillen behängt kehrten die Schüler vom Mathematik-Gymnasium in Sofia zum Jahreswechsel von der Jung-Mathematiker-Olympiade im indonesischen Bogor zurück. Doch ob die Zahlentalente später einmal bei heimischen Firmen und Instituten anheuern werden, scheint eher ungewiss. Zwei von drei Wissenschaftlern am Institut für Mathematik der TU Sofia seien in den letzten 15 Jahren abgewandert, klagt der Mathematik-Professor Michail Konstantinow: „Und dass nun die letzten EU-Hürden gefallen sind, macht es noch leichter.“

Ob IT-Spezialisten oder Ökonomen, Architekten oder Ingenieure: Es sind deutlich höhere Löhne, aber auch bessere Arbeitsbedingungen, die Hochschulabsolventen an ausländische Futtertröge treiben. Manche der emigrierten Talente zieht es indes auch wieder nach Hause zurück. Doch vom „Braingain“, dem volkswirtschaftlichen Gewinn durch Emigration auch durch qualifizierte Rückkehrer, kann beim anhaltenden Aderlass der Mediziner keinerlei Rede sein. 28 000 zusätzliche Ärzte seien nötig, um Rumäniens Gesundheitssystem auf europäischen Standard zu bringen, klagt die Ärztevereinigung CMR. Doch die Zahl fehlender Ärzte wird sich weiter erhöhen.