Der Planet Erde heizt sich weiter und weiter auf. Als Folge fällt ein Temperaturrekord nach dem anderen. Die Folgen sind schon jetzt vielerorts dramatisch. Und es kommt noch schlimmer.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Das vergangene Jahr ist laut EU-Klimawandeldienst Copernicus nur knapp unterhalb der 1,5-Grad-Schwelle geblieben. Die Temperatur lag global 1,48 Grad höher als im Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900, wie Copernicus am Dienstag (9. Januar) zum Bericht „Global Climate Highlights 2023“ mitteilt.

 

2023 war ein Rekord-Hitzejahr

„Es ist wahrscheinlich, dass die Temperaturen 2023 wärmer waren als in den vergangenen 100 000 Jahren“, sagt Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin des Copernicus Climate Change Service (C3S). Klimaforschende können das historische Klima indirekt etwa aus Baumringen oder Luftblasen in Gletschern rekonstruieren.

Dass das Jahr das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1850 war, hatte Copernicus bereits im Dezember mitgeteilt. Es sei davon auszugehen, dass noch im Januar oder Februar ein Zeitraum von dann 12 Monaten über der 1,5-Grad-Schwelle liege, heißt es nun.

2024 wird es noch wärmer

Fachleute halten es durchaus für möglich, dass 2024 noch wärmer wird und das Gesamtjahr erstmals die 1,5 Grad-Schwelle reißen könnte. Das heißt aber noch nicht, dass das Pariser 1,5-Grad-Ziel verfehlt ist, da dafür auf längerfristige Durchschnittswerte geschaut wird.

Die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2023 betrug Copernicus zufolge 14,98 Grad Celsius und lag damit 0,17 Grad höher als im bisherigen Rekordjahr 2016. Im vergangenen Jahr habe zum ersten Mal jeder Tag des Jahres mindestens ein Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen, an zwei Tagen im November waren es sogar mehr als zwei Grad.

Von Juni bis Dezember sei jeder Monat wärmer als die bisher gemessenen Rekordwerte für den jeweiligen Monat gewesen. Europa erlebte das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Ozeane heizen sich weiter auf

Die Geschwindigkeit, mit der sich die Meere erwärmen, hat sich seit den späten 1980er Jahren mindestens verdreifacht. Foto: Imago/stock&people

„Eine entscheidende Ursache für die ungewöhnlichen Lufttemperaturen im Jahr 2023 waren die beispiellos hohen Oberflächentemperaturen der Ozeane“, heißt es von Copernicus. Hauptgrund für die warmen Meere sei der anhaltende Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre.

Ein weiterer Faktor sei das wiederkehrende Wetterphänomen El Niño, das im vergangenen Jahr begann. Es heizt alle paar Jahre den Pazifik auf. Insgesamt hätten die globalen Meeresoberflächen-Temperaturen von April bis Dezember Rekordwerte für diesen Zeitraum erreicht.

Die Oberflächentemperatur der Ozeane hat neue Rekordwerte erreicht, wie eine neue Klimastudie im Fachmagazin „Advances in Atmospheric Sciences“ („Another Year of Record Heat for the Oceans“) jetzt belegt. Im globalen Mittel liegt sie nach vorläufigen Daten der US-Plattform „Climate Reanalyzer“ nun schon seit rund zwei Wochen bei 21,1 Grad – ein Wert, der in den rund 40 Jahren Aufzeichnung bis 2022 niemals erreicht wurde. Die Temperatur liegt damit anhaltend weit über den üblichen Werten für den Monat August.

Wie häufig tritt El Niño auf?

El Niño – und sein Gegenpart und La Niña – ist eine sogenannte Wetteranomalie, die Westküste von Südamerika, Südasien und Australien Extremwetter wie Hitze, Frost, Wirbelstürme und Starkregen verursacht. Die Folgen können Dürren, Riesenwellen, Überschwemmungen und Erdrutsche sein.

Bei El Niño kommt es zu einem Auftreten außergewöhnlicher, nicht zyklischer, veränderter Meeresströmungen im sogenannten ozeanografisch-meteorologischen System (englisch: El Niño-Southern Oscillation/Enso) des äquatorialen Pazifiks.

Das in der Regel alle vier Jahre in unregelmäßigen Abständen von durchschnittlich vier Jahren auftretende Phänomen wird von wärmeren Wassertemperaturen im tropischen Pazifik ausgelöst. In der Folge verschieben sich aufgrund von veränderten Luft- und Meeresströmungen weltweit Wetterbedingungen. Als wichtigstes Phänomen natürlicher Klima-Schwankungen kann El Niño etwa Überflutungen in Südamerika auslösen, Dürren in Australien und Missernten in Indien.

Globales Klima gerät aus den Fugen

Bewohner der brasilianischen Flussufergemeinde Manaquiri tragen Lebensmittel und Trinkwasserbehälter, nachdem sie von staatlichen Stellen aufgrund der anhaltenden Dürre im Amazonas verteilt wurden. Foto: dpa/Martin Gerte/n

„Die extremen Ereignisse, die wir in den letzten Monaten beobachtet haben, sind ein dramatisches Zeugnis dafür, wie weit wir uns von dem Klima entfernt haben, in dem unsere Zivilisation bisher florierte“, erklärt C3S-Direktor Carlo Buontempo. Er forderte, die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben.

Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen.