Aus der Ärzteschaft der RKH-Kliniken werden Stimmen laut, dass Menschen mit Behinderung nie benachteiligt worden seien. Das impliziere jedoch das Bundesverfassungsgericht in seiner Anweisung.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Kreis Ludwigsburg - Die Zahlen der Coronapatienten auf den Normal- und Intensivstationen sinken weiter. Das verkündete der Leiter des Krisenstabs in den RKH-Kliniken, Stefan Weiß, am Donnerstag. Hatte man teils einen Anteil von über 30  Prozent an Corona-Infizierten auf der Intensivstation, liegt der Wert jetzt bei 20 Prozent. Gerechnet wird damit, dass der Trend bis Mitte Januar anhält, ehe die Omikron-Variante für stark steigende Inzidenzen sorgen dürfte. „Inzwischen wird sie bei 30 bis 50 Prozent der positiven Tests in unserem Labor nachgewiesen.“

 

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Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach beschriebene unklare Datenlage, nach der die Inzidenz zwei- bis dreimal höher liegen dürfte, als bestätigt, macht die Planung nun schwierig. „Es gibt im Szenario der fünften Welle eine große Unsicherheit und ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Verlässlich sind nur die Zahlen der Intensivbetten-Auslastung“, sagt Weiß. Die größte Herausforderung wird es so oder so sein, genug Personal zu haben – selbst wenn die Quarantäne auf fünf Tage verkürzt werden sollte. „Die meisten werden dann trotzdem fünf bis sieben Tage krankgeschrieben, wenn sie Symptome haben“, erläutert Stefan Weiß.

„Mitarbeiter sind ausgebrannt, müde und leer“

Zwischen den Jahren können die Mitarbeiter etwas durchschnaufen. „Sie sind ausgebrannt, müde und leer“, verdeutlicht Jörg Martin, Geschäftsführer der RKH-Kliniken. Klar sei, dass man so keine weiteren fünf Wellen überstehe. Weshalb Götz Geldner, Koordinator der Versorgungsbereiche im Land, betont: „Hier muss in jedem Fall was passieren. Noch sehe ich in der Hinsicht nichts am Horizont, aber Herr Lauterbach ist ja erst wenige Wochen im Amt.“

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Das gilt laut Jörg Martin auch für die Finanzen. In Ludwigsburg rechnet die RKH für 2021 mit einem Defizit von neun Millionen Euro, holdingweit von einem Minus von bis zu 18 Millionen Euro. „Die Ausgleichsmechanismen reichen nicht aus. Es braucht weitere Hilfen von Bund und Land, damit wir liquide bleiben. Sonst wird sich die Krankenhauslandschaft auf Jahre verändern.“

Leitplanken bei Triage ja – überschnelle Gesetze nein

Mit gemischten Gefühlen wurde in der RKH derweil das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufgenommen, nach dem Menschen mit Behinderung bei einer Triage nicht benachteiligt werden dürfen. „In der Ärzteschaft ist man verärgert, da man das Gefühl hat, dass ihr unterstellt wird, man habe Menschen mit Behinderung anders behandelt.“ Das sei nie der Fall gewesen, sagt Geldner. „Leitplanken zu setzen, ist richtig. Es braucht aber einen breiten Konsens und kein Gesetz, das durchgepeitscht wird.“ Das Urteil könne zur Folge haben, dass sich Ärzte in ihrer Entscheidung unsicherer sind. „Bislang wurde medizinisch entschieden. Es wäre schwierig, wenn wir davon wegkommen.“