Geschafft: Baltimores Coach John Harbaugh (links) und der Teambesitzer Steve Bisciotti sind am Ziel ihrer Träume. Nach einem packenden Finale besiegte die Mannschaft den Favoriten San Francisco 49ers mit 34:31.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

New Orleans - Plötzlich ging gar nichts mehr. Stromausfall beim Superbowl im Superdome. Kurz nach dem Highlight des Abends gingen in der Nacht von Sonntag auf Montag deutscher Zeit beim Finale der US-Footballliga NFL in New Orleans die Lichter aus. Jacoby Jones hatte die Führung der Baltimore Ravens nach dem Kick-off zur zweiten Hälfte mit einem spektakulären 108-Yards-Touchdownlauf auf 28:6 erhöht – da wurde es im Stadion dunkel.

 

Und auf den Stromausfall folgte bei den Raben aus Baltimore der Systemausfall. Plötzlich ging bei ihnen auch gar nichts mehr, es drohte eine rabenschwarze Nacht für sie zu werden. Denn die favorisierten San Francisco 49ers starteten eine furiose Aufholjagd, kamen nach ihrem Blackout im dritten Viertel binnen 4:10 Minuten auf 23:28 heran und später bis auf 29:31. Dem Gegner drohte der größte Kollaps in der Superbowl-Geschichte. Doch die Ravens fingen sich und gewannen letztlich mit 34:31.

Die Unverwüstlichkeit großer Champions

„Wie hätte es bei uns anders laufen sollen? Es ist nie schön. Es ist nie perfekt. Aber das sind wir“, sagte der Ravens-Trainer John Harbaugh nach dem Sieg im familieninternen Duell mit seinem Bruder Jim (49ers-Coach). So war das schon die ganze Saison. Das Team aus Baltimore steckte vor einem Monat noch in einer Krise. John Harbaugh reagierte darauf mit der Entlassung seines langjährigen Assistenten Cam Cameron, seiner rechten Hand in Offensivfragen. Danach lief es wieder besser.

Dennoch standen die Ravens im Play-off-Viertelfinale bei den Denver Broncos 31 Sekunden vor Schluss mit sieben Punkten Rückstand vor dem Aus. Sie siegten nach zweimaliger Verlängerung mit 38:35 und danach noch überraschender bei den New England Patriots (28:13). Andere Teams – wie die San Francisco 49ers – bringen mehr Talent auf den Platz. Doch die Baltimore Ravens übertrumpften das mit der Unverwüstlichkeit großer Champions.

„Es ist unglaublich. Wir machen es uns nicht einfach – so sind wir halt“, sagte Joe Flacco. Der Ravens-Quarterback, der es als erster Spieler der kleinen Universität von Delaware in die NFL schaffte, ist ein gutes Beispiel für die Zähigkeit seines Teams. Zum Mister Mittelmaß war der Quarterback in den vergangenen Jahren abgestempelt worden: Gut, aber nicht gut genug für die ganz großen Erfolge. Selbst als er in diesen Play-offs eine herausragende Vorstellung nach der anderen ablieferte, gab es noch kritische Stimmen. Er ließ sie jedoch im Superbowl endgültig verstummen.

Jubeln nach dem Stromausfall

Der bescheidene 28-Jährige brachte 22 von 33 Pässen für 287 Yards Raumgewinn an den Mann und leitete drei Touchdowns ein. Dafür wurde er hinterher zum wertvollsten Spieler gekürt. Das ist ein weiteres Pfund in den anstehenden Vertragsverhandlungen: Joe Flaccos Kontrakt läuft aus, nicht zum schlechtesten Zeitpunkt. Ihm winkt ein Zahltag – und einer der dicksten Verträge der NFL-Geschichte mit bis zu 20 Millionen Dollar Jahresgehalt.

„Ich bin ein Joe-Flacco-Fan, schon immer“, sagte Ray Lewis. Der Ravens-Kapitän wusste, bei wem er sich für seinen gelungenen Abschiedsabend bedanken musste. Der 37-Jährige, einer der besten NFL-Abwehrmänner aller Zeiten, beendete mit dem Superbowl seine Karriere. Mit der Ankündigung seines Rücktritts hatte er das Team Anfang Januar zusätzlich gepusht. Und er verließ die größte Footballbühne stilecht: Mit seinen Verteidigerkollegen stoppte er die 49ers in der Schlussminute direkt vor der eigenen Endzone.

So wurde es nach dem Einbruch im Anschluss an den Stromausfall für die Ravens doch noch eine rabenschwarze Jubelnacht. „Wir haben diese Saison viele Höhen und Tiefen durchgemacht“, sagte Ray Lewis. „Wir haben uns viel anhören müssen: Sie sagten, wir könnten Denver nicht schlagen. Sie sagten, wir könnten New England nicht schlagen. Sie sagten, wir könnten San Francisco nicht schlagen. Wir haben alle Hindernisse bewältigt und es allen gezeigt.“