Im Rutesheimer Stadtrat herrscht Erleichterung darüber, dass es doch noch ein Bewerberduell geben wird. In Weil der Stadt würde man es bedauern, wenn Susanne Widmaier gehen würde.

Rutesheim - Wenn am 4. Februar in Rutesheim die Bürgermeisterwahl über die Bühne geht, dann können sich die Wähler zwischen fünf Kandidatinnen und Kandidaten entscheiden. Die Stimmung in den Fraktionen des Gemeinderates formuliert Wolfgang Diehm, der Vorsitzende der Bürgerlichen Wählervereinigung (BWV) nach dem Ablauf der Bewerbungsfrist so: „Alle sind froh, dass es jetzt doch zu einer richtigen Wahl kommt mit zwei Kandidaten die Format haben und vom Fach sind – fünf davon wären besser gewesen.“

 

„Rutesheim hatte in 70 Jahren drei sehr gute Bürgermeister und wir wünschen uns eine Fortsetzung“, sagt Harald Schaber, der Vorsitzende der Fraktion Unabhängige Bürger Rutesheim (UBR). „Dies ist uns wichtig, daher wurden in den vergangenen Wochen seitens des Gemeinderats auch mögliche qualifizierte Kandidaten mit Verwaltungserfahrung aus dem Umland angesprochen“, erläutert Schaber im Rückblick. Diese hätten es sich zwar überlegt, sich dann doch dagegen entschieden, weil sie auch jetzt attraktive Aufgaben hätten. „Wir sind nun froh über zumindest zwei fachlich qualifizierte Bewerbungen“, bringt es UBR-Fraktionschef auf den Punkt.

Entscheidend sind die Kandidatenvorstellungen

„In einer Stadt unserer Größe ist ein Verwaltungsfachmann erforderlich“, sagt Schaber. Rutesheim benötige einen Bürgermeister, der einen Haushalt verstehe und im Bauamt, Ordnungsamt und in der Kämmerei mitreden könne. „Jürgen Beck und Susanne Widmaier sind beide für das Amt qualifiziert. Es war jeweils ein angenehmer fachlicher Austausch bei ihrer Vorstellung im Gemeinderat und beide haben von der Kompetenz und vom persönlichen Eindruck her überzeugt“, sagt Schaber.

„Entscheidend werden die Kandidatenvorstellungsrunden sein und dann wird die Fraktion in der Woche vor der Wahl wohl ein Votum abgeben“, so der UBR-Sprecher. So will es auch die BWV halten: „Mal sehen, wie die Kandidaten sich geben, dann werden wir uns vielleicht für den einen oder die andere aussprechen“, sagt Fraktionssprecher Diehm. Neutral bleiben, was eine Empfehlung betrifft, wollen bis zum Ende die CDU-Fraktion, die Grünen und die SPD.

Fraktionen haben keine Bewerber aktiv gesucht

Warum haben sich diese nicht im Vorfeld auf die Suche nach einem Bewerber mit einem Parteibuch gemacht? „Wir haben uns natürlich in der Partei nach kompetenten Kandidaten umgehört“, sagt Ulrich Köthe, CDU-Fraktionsvorsitzender im Rutesheimer Gemeinderat. Aber man sei nicht fündig geworden. Der Zeitpunkt sei irgendwie ungünstig, denn es gab bereits mehrere Bürgermeisterwahlen in der näheren Umgebung. „Es wundert uns schon, dass sich niemand aus der CDU für eine schuldenfreie Stadt wie Rutesheim erwärmen konnte“, bedauert der CDU-Sprecher.

„Es ist nicht einfach, sich mit einem Parteibuch als Kandidat in einer Stadt von der Größe Rutesheims aus dem Fenster zu lehnen“, sagt SPD-Stadtrat Tommy Scheeff. Doch nun gebe es wenigstens eine Alternative und somit könne mit einer höheren Wahlbeteiligung gerechnet werden. Alles andere wäre fatal gewesen, denn Beteiligung gehöre nun mal zu einer Demokratie.

„Es sind schon komische Zeiten, wenn bei einer so wichtigen Wahl ein Missverhältnis zwischen geeigneten und nicht wählbaren Kandidaten besteht“, sagt der Grünensprecher Fritz Schlicher. Die Gabl-Fraktion sei nicht auf Bewerbersuche gewesen. „Wir haben einen größeren Andrang erwartet, aber es muss auch jemand sein, der das Amt gerne macht und es als Aufgabe sieht“, ist der Stadtrat überzeugt.

In Weil der Stadt ist man überrascht

Mitten im Prüfungsstress für ihren berufsbegleitenden Masterstudiengang steckt Susanne Widmaier kurz nach ihrem Amtsantritt in Weil der Stadt. 2014 war das – und bei der närrischen Sitzung am Schmotzigen Donnerstag musste daher Michael Borger, der Vorsitzende der Narrenzunft, sie vertretenen – natürlich mit blonder „Susi“-Perücke.

„Das muss ich jetzt wohl wieder tun“, orakelt Borger. Bei der Weiler Narrenzunft AHA jedenfalls bedauert man, dass die Erste Beigeordnete nach vier Jahren eventuell von Bord springen könnte. „Sie hat sich sofort integriert und war bei der Fasnet mit Feuer und Flamme dabei“, sagt Borger. Und das nicht nur apfelkuchenbackend bei den Spicklingsweibern.

Dass es Susanne Widmaier bei einer nur vierjährigen Episode in Weil der Stadt belassen will, überrascht nicht nur die Narren. „Ja, das hat mich betroffen gemacht“, sagt zum Beispiel Rosemarie Sticker, die grüne Stadträtin. „Besonders bei der schwierigen Situation momentan hätte ich mehr personelle Stabilität gut gefunden.“ Sticker bekennt offen, Widmaier vor vier Jahren gewählt zu haben. „Wir brauchen schließlich mehr Frauen-Power in den leitenden Positionen.“

Ein „folgerichtiger Schritt“

Diese Frauen-Power könnte jetzt vom 4. Februar an Rutesheim zugute kommen. Ein „folgerichtiger Schritt“, findet Josef Weber, der SPD-Fraktionschef im Gemeinderat. „Frau Widmaier ist sehr fleißig und hier in Weil der Stadt hat sie jetzt auch das operative Geschäft mitbekommen.“

Im Weiler Rathaus ist Susanne Widmaier für das Bau- und das Ordnungsamt zuständig, bis November hat sie auch die Finanzen der Stadt geleitet. Die personelle Neuaufstellung des Bauamts und die Entwicklung der Neubaugebiete Häugern und Schwarzwaldstraße – gerade in dem Verantwortungsbereich von Susanne Widmaier hat Weil der Stadt derzeit viele offene Baustellen zu beackern.

„Ich mache mir schon ein bisschen Sorgen, wie es da jetzt weitergeht“, sagt Michael Borger, der auch Gemeinderat der Freien Wähler ist. „Ich bedaure, wenn sie jetzt geht.“ Übel nehmen, dass Susanne Widmaier eine Chance nutzt, könne man ihr aber nicht, sagt der Freie Wähler Emilio Diaz Ocampo. „Aber auch ich war überrascht. Immer, wenn sich jemand gerade erst eingearbeitet hat, hinterlässt er eine Lücke“, sagt der Merklinger. „So eine Chance ergibt sich aber auch nicht jeden Tag.“

Der Weiler Gemeinderat wählte Susanne Widmaier im Juni 2013 zur Ersten Beigeordneten. Die 51-Jährige setzte sich damals gegen Stefan Feigl, den heutigen Bürgermeister von Simmozheim, durch.