Ditzingen plant 2023 mit 50 Millionen Gewerbesteuereinnahmen, investiert in Rekordhöhe – und das nächste Großprojekt ist absehbar.

Drei Krisenstäbe parallel, das hat es in der Ditzinger Verwaltung noch nicht gegeben, jedenfalls nicht so lange Bürgermeister Ulrich Bahmer im Amt ist. „Man kommt ja mit dem Protokolllesen kaum mehr hinterher“, sagt er. Corona, Russland-Ukraine-Krieg und Energiekrise beschäftigen die Verwaltung zusätzlich zum Tagesgeschäft. Bahmer (CDU) ist dennoch positiv gestimmt. „Unser Blick geht zur Sonne“, sagt er optimistisch.

 

Der Entwurf liegt auf dem Tisch

Die Sätze fielen bei der Vorstellung des Etatentwurfs 2023. Sie unterstrichen die Ausführung von Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos): „Wir haben sehr gute Einnahmen, aber das ehrgeizige Programm hat auch Folgen im Bereich der Aufwendungen und Finanzierungsleistungen.“ So hilfreich die gewohnte Sicherheit wäre, so wenig gebe es sie. „Die Gleichzeitigkeit der Krisen ist eine große Herausforderung.“

Die Verwaltung hat das traditionell mehrere hundert Seiten starke Planwerk am Dienstagabend dem Gemeinderat vorgelegt. Es gibt einen Einblick in die finanzielle Situation, die voraussichtliche Entwicklung und die geplanten Investitionen. Kreditaufnahmen sind kommendes Jahr nicht geplant, ebenso wenig Steuererhöhungen.

Steigen wird hingegen die Frischwassergebühr von brutto 2,29 Euro je Kubikmeter auf 2,53 Euro. Hauptursache seien die um das dreieinhalbfache gestiegenen Stromkosten für den Pumpenbetrieb.

2023 will die Stadt 32 Millionen Euro investieren, bis 2026 gar 116 Millionen. Die Investitionen sind einerseits getrieben von Pflichtaufgaben wie Bildung und Kitabetreuung, andererseits von freien Gemeinderatsentscheidungen: Die parallele Entwicklung von Baugebieten in allen vier Teilorten bedingt den Bau drei neuer Kitas.

Sind die Kitas gebaut, ist offen, ob sie angesichts des Erziehermangels nach jetzigem Stand wie geplant betrieben werden können. Makurath weiß um das Dilemma. Eine Alternative gibt es für ihn dennoch nicht. Wegen der Fehlsteuerung im Land keine Wohnbaugebiete auszuweisen, löse in der Region Stuttgart keine Probleme, sagt er. Er sieht vielmehr das Land in der Pflicht.

Stadt plant teilweise eine Neuausrichtung

Wegen des Personalmangels will das Land mit einer Ausnahmeregelung zwei Kinder mehr pro Kita-Gruppe zulassen. Die Ausnahme soll aber auf das laufende Kindergartenjahr beschränkt sein, was Makurath kritisiert. „Wir führen auf einem Niveau Diskussionen, das hinterfragt werden muss.“

In dieser Situation alternativ Wohngebiete gar nicht erst auszuweisen, ist für ihn keine Option – wolle man einerseits „unnötige Mobilität begrenzen“ und andererseits die Sozialstruktur der Stadt stärken. Das Ziel sei es, „Menschen im Ort zu halten“. Der Gemeinderat hat mit dem „Masterplan Wohnen“ bereits Ziele zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums formuliert. Unter anderem um den Mietwohnungsmarkt mitsteuern zu können, soll die Verwaltung an dieser Stelle aufgestockt werden. Makurath nennt es eine „neue strategische Weichenstellung“. Der Wohnungsknappheit insgesamt wird dies nur bedingt entgegenwirken. Die Pendlerströme werden bleiben. Die Zahl der Einpendler ist seit langem größer als die der aktuell 8000 Auspendler.

Auch vor diesem Hintergrund will die Stadt die Mobilitätswende vorantreiben. Schon seit Langem sind die Ditzinger in Diskussionen um eine Verlängerung der SSB nach Ditzingen. Die SSB plant eine neue Linie von Stuttgart-Hausen nach Ditzingen. Bisher ist eine Streckenführung bis ins Ditzinger Gewerbegebiet geplant.

Nach neuesten Erkenntnissen ist auch eine Weiterführung bis zum Ditzinger Bahnhof wirtschaftlich. Die Wirtschaftlichkeit ist die Voraussetzung für eine staatliche Förderung. Sie macht das Projekt für die Ditzinger überhaupt erst möglich.

Die Haltung der Verwaltung ist klar

In fünf, sechs Jahren könnte die Stadtbahn nach ersten Überlegungen am Bahnhof halten. Noch ist es allerdings nicht soweit. Und noch ist das Projekt im Haushalt 2024 gar nicht enthalten. Makurath lässt keinen Zweifel daran, was er von dem Plan hält. „Das sind Projekte, die die Stadt nach vorne bringen können.“ In den Haushaltsberatungen wird sich in den kommenden Wochen zeigen, ob der Gemeinderat das genauso sieht – und investiert.