Mit seinem Debüt als Opernregisseur rühmt Eric Gauthier die Flucht aus Härten des Alltags. „La Fest“ feiert das Leben. Da gehört die After-Show-Party mit Stadtpromis zum Gesamtkunstwerk. Der Intendant lobt „das beste Publikum, das wir je hatten“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Eric Gauthier ist bekannt für verwegene Ideen. Viele seiner Pläne erfüllen sich, aber natürlich noch lange nicht alle. Der gebürtige Kanadier, der Prince Charming der Stuttgarter Kultur, wollte bei der After-Show-Party von „La Fest“, an dem für ihn großen Debüttag als Opernregisseur, niemand Geringeres als den deutschen Kinostar Lars Eidinger aufs DJ-Pult stellen. Doch der Denkmalschutz verhindert, dass jemand im Foyer des Opernhauses auflegt.

 

Rekordverdächtiger Applaus im Opernhaus

Opernintendant Viktor Schoner erklärt zur späten Stunde, warum man im Foyer des ersten Stocks, wo eine Wand mit dem bunten Riesenfoto der Bühnenhelden für Selfies bereitsteht, nicht so richtig Party machen kann. Das Publikum wäre in der Stimmung dazu gewesen, nach dem Trampeln zum Schlussapplaus, nach Standing Ovations, nach einem rekordverdächtigen Beifall eines Spektakels im Opernhaus. „Wir dürfen hier nur Zimmerlautstärke spielen“, sagt Schoner. Tanzveranstaltungen sind an diesem Ort verboteb. Die Denkmalschützer hätten befürchtet, die wertvollen Leuchter könnten kaputt gehen. Wieder einmal zeigt sich: Die Sanierung des über 110 Jahre alten Theaters bleibt das Ziel.

Nun spielt eine DJane auf der Bühne vor dem sich leerenden Saal. Wenn Lars Eidinger am 19. Januar „La Fest“ besucht und doch noch auflegt, wird er dies ebenfalls an diesem, vom Feiern abgelegenen Ort tun müssen (bei der Premiere hat es aus Termingründen nicht geklappt). Oben im Foyer wird es in dieser Nacht immer enger. Eric Gauthier lud seine Freunde zum „Event des Jahres“ ein. Aus Kanada sind seine Eltern angereist. Sehr viele bekannte Gesichter aus der Stuttgarter Kulturszene feiern bei der Premiere mit, etwa Wissenschaftsministerin Petra Olschowski und ihr Partner, der Bestseller-Autor Wolfgang Schorlau. Der grünen Politikerin hat „vor allem die zweite Hälfe sehr gut gefallen“. Im Prolog, da Gauthier charmant, informativ und unterhaltsam auf die eigentliche Vorstellung einstimmt, habe sie etliches gehört, was sie nach ihren viele Besuchen bei Gauthier Dance bereits wusste.

Ausverkauft bis zum Jahresende

Seine Erklärungen am Anfang sollen dazu dienen, „dass die Oper ein neues Publikum gewinnt“, erklärt der Regisseur, den man in Stuttgart für viele Rollen liebt. Die Rechnung geht auf. Bis Ende des Jahres sind alle Vorstellungen von Gauthiers Inszenierung ausverkauft. Karten gibt es erst für Januar wieder. Ein Besucher fühlt sich bei „La Fest“ an ein „Jukebox-Musical“ erinnert, wo eine Handlung um Hits herum gestrickt wird. Die Best-of-Show der barocken Oper sei aber großartiges Entertainment, lobt er.

SWR-Intendant Kai Gniffke sagt, er habe während der gesamten Vorstellung nicht einmal auf die Uhr geschaut – so sehr habe ihn alles begeistert. Die Schauspielerin Astrid Fünderich verrät, dass es ihr „zu 85 Prozent“ gefallen habe, also das Allermeiste, auch ihr Sohn habe viel Spaß gehabt.

Dem Wunsch des Autors und Regisseurs, in barocker Kleidung zu kommen, sind einige gefolgt – die meisten aber nicht. Opernintendant Viktor Schoner stellt sich zur späten Stunde aufs Podest, um die Beteiligten der Produktion zu feiern und vorzustellen, etwa das Ensemble von Gauthier Dance, das Orchester, der Chor, die Hauptdarsteller, die Kostümbildnerin Gudrun Schretzmeier (deren Mann Werner Schretzmeier begrüßt der Intendant zunächst als Kretschmann, was für Gelächter sorgt). Außerdem gesehen: Alt-OB Fritz Kuhn mit seiner Frau, Entertainer Michael Gaedt, Erster Bürgermeister Fabian Mayer, Staatsgalerie-Chefin Christiane Lange, Künstlerin Christa Winter, die frühere Varieté-Chefin Gaby Frenzel, „Cranko“-Filmregisseur Joachim Lang, Ballettintendant Tamas Detrich und viele andere.

Eric Gauthier sagt, seine Opernpremiere gehöre zu den „schönsten Momenten“ seines Lebens, abgesehen von der Geburt seiner drei Kinder. Weil seine Eltern an diesem Abend mitfeiern, bleibt der umjubelte Star des Abends „nur“ bis halb eins, um mit ihnen nach Hause zu fahren. Das Leben ist halt nicht nur Party. Aber die fröhlichen Auszeiten mit Freunden und mit der Familie tun gut, treiben an, machen beim Kraftschöpfen fit für neue Pläne. Will er nach diesem Triumph bei der Premiere erneut eine Oper inszenieren? „Ja vielleicht“, antwortet Gauthier, „aber frühestens in einigen Jahren.“