Wer strengere Regeln für deutsche Autofahrer will, trifft meist auf Widerstand. Das hat jüngst auch eine französische Grünen-Abgeordnete erfahren. Über einen besonders kontroversen Vorschlag wird aber Im Europaparlament abgestimmt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Müssen Autofahrer künftig regelmäßig ihre Gesundheit überprüfen lassen? Mit dieser Frage beschäftigt sich diesen Mittwoch (28. Februar) das EU-Parlament und stimmt seine Verhandlungsposition zu einer Reform der EU-Führerscheinregeln ab.

 

Deutsche Abgeordnete sehen solche regelmäßigen Untersuchungen zwar kritisch, in anderen Ländern gibt es sie aber bereits. Bei den Untersuchungen soll geprüft werden, ob man gesundheitlich noch in der Lage ist, sich hinters Steuer zu setzen.

Forderungskatalog wurde zusammengestrichen

Dabei hatte die zuständige Berichterstatterin im Verkehrsausschuss, die französische Grünen-Abgeordnete Karima Delli, zunächst noch viel mehr gefordert als Gesundheitschecks. Für die hatte sie zwar eine Mehrheit im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments gefunden, nach parteiübergreifender Kritik musste sich die französische Grünen-Abgeordnete aber von mehreren weiteren Vorschlägen verabschieden.

Dabei ging es nach Angaben der Abgeordneten etwa um eine Sonderkategorie an Führerscheinen, die für schwere Autos wie SUVs eingeführt werden sollte. Auch die Möglichkeit, dass einzelne EU-Staaten Nachtfahrverbote für junge Autofahrerfahrer einführen könnten, steht den Angaben zufolge nicht mehr zur Debatte.

Stellen ältere Autofahrer ein Risiko dar?

Die Überarbeitung der Regeln geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück, der im vergangenen März vorgestellt worden war. Wegen der Vorschläge war eine Debatte darum entbrannt, ob ältere Menschen im Straßenverkehr ein Risiko darstellen. Die Untersuchungen sind dabei nur Teil des Vorhabens. Unter anderem geht es auch darum, ob begleitetes Fahren ab 17 künftig EU-weit möglich sein soll.

Mit den neuen Vorgaben soll der Straßenverkehr sicherer werden und weniger Menschen bei Unfällen sterben. EU-Angaben zufolge kommen jedes Jahr mehr als 20 000 Menschen auf den Straßen in der Europäischen Union ums Leben. Eigentlich soll die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 halbiert werden. Die Entwicklung sieht aber derzeit nicht danach aus: Nach einem deutlichen Rückgang während der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Toten jüngst wieder an.

Der Ursprüngliche Entwurf sah folgende Punkte vor:

Führerschein-Entzug europaweit anerkannt

Egal ob Entziehung des Führerscheins, Einschränkung oder Aussetzung der Fahrerlaubnis – alle Anliegen „sollen künftig von den Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden“, schreibt der ADAC.

Fahrschüler

Das „Begleitete Fahren“ hat sich in Deutschland bereits etabliert. Seit einigen Jahren kann der Pkw-Führerschein (Klasse B) in Deutschland schon mit 17 Jahren erworben werden – vorausgesetzt ein Autofahrer über 30 Jahre mit mindestens fünf Jahren Fahrerfahrung, sitzt auch im Auto.

Jetzt sollen „die Rahmenbedingungen für das begleitete Fahren sollen vereinheitlicht und EU-weit anerkannt werden“, klärt der ADAC auf. „Fahrten im Rahmen des begleiteten Fahrens über die Landesgrenzen hinweg wären dann möglich.“

Zusätzlich soll eine einheitliche, europaweite Probezeit von zwei Jahren eingeführt werden. Außerdem sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, die theoretische und praktische Führerscheinprüfung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu absolvieren.

Führerschein auf Probe mit zweiter Prüfung

Nach der Fahrprüfung kommt die Probezeit. Diese dauert normalerweise zwei Jahre. Nun plant die EU eine neue Regelung. Der Führerschein auf Probe erfordert zudem nach Abschluss der Probezeit eine erneute Fahrprüfung, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

„Mit jeder weiteren Klasse soll eine neue Probezeit beginnen. Wer sich also nachträglich überlegt, zusätzlich zum Pkw-Führerschein, noch einen Motorrad-Führerschein zu machen, dem droht dann eine erneute Probezeit.“ Eine Ausnahme sei bisher nur für den erleichterten Aufstieg beim Motorrad-Stufenführerschein vorgesehen.

Gestaffelte Tempolimits

Es soll künftig nach Altersklassen gestaffelte Tempolimits geben. Für Fahranfänger sind demnach 90 km/h als Grenze vorgesehen. Es wäre damit Fahranfängern quasi unmöglich, auf der Autobahn zu überholen.

Nachtfahrverbote: Bei Fahranfängern soll es die Möglichkeit geben, Nachtfahrverbote bis 6 Uhr zu verhängen.

Fahrtauglichkeits-Check ab 70 Jahren

Senioren müssten mit erheblichen Kosten rechnen und künftig wohl mit der ständigen Angst vor dem Verlust des Führerscheins leben. Der Entwurf sieht nämlich vor, dass ab dem 60. Lebensjahr der Führerschein nur noch sieben Jahre gültig ist, ab 70 nur noch fünf und ab 80 nur noch zwei Jahre. Danach muss der Führerschein auf eigene Kosten erneuert werden.

Ob man ihn wieder bekommt, will die EU von umfangreichen medizinischen und psychologischen Untersuchungen abhängig machen.

„Der Führerschein muss dann im Alter regelmäßig umgetauscht werden. Ob und inwieweit das auch in Deutschland umgesetzt wird und wie ein derartiger Check aussehen könnte, ist noch unklar“, schreibt ADAC.

Neues Mindestalter für LKW-Führerschein

Bisher kann in Deutschland der Führerschein für die Klasse C (LKW) erst mit 21 und für die Klasse D (Busse) erst mit 24 Jahren erworben werden. Obwohl das Mindestalter viel diskutiert wurde, entschied sich die EU gegen eine Absenkung des Alters. „Ein begleitetes Fahren im Rahmen des Lkw-Führerscheins (C17) soll jedoch künftig möglich sein“, schreibt der ADAC.

Gewichtsobergrenze

So soll es für alle PKW-Führerscheine der Klasse B (alte Klasse 3) künftig eine Gewichtsgrenze von 1800 Kilogramm geben (bisher 3500 kg). Verbunden damit ist ein Tempolimit von 110 km/h. Wer größere Autos fahren will, muss dafür einen eigenen Führerschein machen, der „B+“ heißt und den man erst ab 21 Jahren erwerben darf.

Das Fahren von SUV und großen Fahrzeugen soll erheblich erschwert oder unter 21 Jahren sogar komplett unmöglich gemacht werden. Viele SUV, aber auch Mittel- und Oberklasseautos sowie zahlreiche Elektroautos liegen über 1,8 Tonnen Leergewicht.

Digitaler Führerschein

Die vierte Führerscheinrichtlinie sieht auch eine „zweite Chance“ für den digitalen Führerschein vor. Das Ziel sei es, eine entsprechende App auf Smartphone, die bei einer Autovermietung oder Polizeikontrolle als Nachweis ausreiche. „Für die Führerscheinscheckkarte ist außerdem ein QR-Code anstelle des heutigen Chips angedacht, um ihn fälschungssicherer zu machen.“

Alternative Kraftstoffe

Der Führerschein der Klasse B umfasst die Erlaubnis Kraftfahrzeuge – auch Wohnmobile – bis zu 3,5 Tonnen zu fahren. Nun schlägt die Kommission vor, die Gewichtsgrenze auf rund 4,2 Tonnen anzuheben. Allerdings soll dies nur für Kraftfahrzeuge gelten, mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden (mit dpa-Agenturmaterial).