Das 2014 ins Leben gerufene Club-Motto „Furchtlos und treu“ polarisiert die Anhängerschaft des VfB Stuttgart seit Beginn an. Daran wird sich nichts ändern, auch wenn das Leitmotiv künftig etwas dosierter eingesetzt werden soll.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Die Sonne brannte bei 35 Grad im Schatten gnadenlos vom Himmel vor dem Mercedes-Benz-Museum in Bad Cannstatt, als sich Hannes Wolf einen Scherz erlaubte. Also setzte sich der VfB-Trainer beim Fototermin anlässlich der Übergabe des neuen Mannschaftsbusses hinter das Steuer – und drückte beherzt auf die Hupe. Zumindest die Schulkinder hinter der Absperrung haben sich über dieses Hallo-Wach gefreut.

 

Die Spieler um den Kapitän Christian Gentner machten derweil eine Sitzprobe in den in Rot bezogenen Ledersesseln – und sie begutachteten auch die Außenhaut des Busses mit ihrem komplett veränderten Design. Ein dunkelroter Brustring schlängelt sich nun rund um das Fahrzeug, während sich an der linken Seite das Vereinswappen in Übergröße wiederfindet. Rechts prägt die Zahl 1893, also das Gründungsjahr des Clubs, in riesigen grauen Lettern die Silhouette. Mit den Ziffern will der VfB seinen Fans auch einen Vorgeschmack auf das nächste Jahr machen, wenn das 125-jährige Vereinsjubiläum ansteht.

Das Motto ist untadelig

Etwas verschämt in kleinen Buchstaben, dazu lediglich am Heck des Fahrzeugs platziert, findet sich derweil der Schriftzug, der am schwarzen Vorgängermodell prägend war. Als der VfB noch durch die zweite Liga tourte, da prangte das im Juli 2014 mit einigem Wirbel ersonnene Club-Motto „furchtlos und treu“ noch in großen Lettern auf der Außenhaut des Fahrzeugs – und sorgte bei manchen Fans für Identifikation, bei anderen wiederum für großes Befremden. Schließlich besitzt der Spruch für viele Fußballfreunde, und das nicht nur im VfB-Lager, mehr als ein schwäbisches G‘schmäckle. Läutet der Verein nun selbst die Abkehr ein vom Leitspruch aus der Ära des gescheiterten Präsidenten Bernd Wahler? Von einem Motto also, das dessen schärfste Kritiker gar nationalistisch und völkisch, zumindest aber für reichlich unsensibel halten. Zogen doch vor 100 Jahren deutsche Soldaten unter der Parole „Furchtlos und Treu“ (damals: furchtlos und trew) am Koppelschloss ihres Waffenrocks in den Ersten Weltkrieg.

Historisch betrachtet ist das Leitmotiv der Roten aber politisch vollkommen untadelig – es ist salonfähig. Handelt es sich hierbei doch um einen alten, königlichen Spruch des Hauses Württemberg, der vor 200 Jahren erstmals unter dessen Wappen mit den drei Hirschgeweihen auftauchte. Der VfB begründete die Einführung seines neuen Leitgedankens vor drei Jahren: „Furchtlos steht für unser Vertrauen in die Jugend und als Bekenntnis zu mutigem Fußball. Treu für die starke Bindung des VfB zu Stuttgart, zu Schwaben und zur Heimat Württemberg.“

Der Slogan wird bleiben

Von „schwäbischer Hochleistungskultur“ war damals allerdings noch die Rede, zu einem Zeitpunkt also, als sich die Stuttgarter, der Meister von 2007, nach Platz 15 zum Ende der Saison 2013/14 nach mehr bundesweiter Aufmerksamkeit sehnten. Nicht nur Porsche, Bosch und Mercedes sollten für Stuttgart stehen, sondern vor allem der VfB. In dieser Hinsicht waren die Münchner Bayern mit ihrem „Mia san mia“-Gefühl oder der BVB aus Dortmund mit seiner „Echte Liebe“-Botschaft längst enteilt.

„Unser Motto ‚Furchtlos und Treu‘ ist im Vereinsalltag des VfB bestens bekannt und erfolgreich verankert“, sagt Oliver Schraft, als Mitglied der Geschäftsleitung zuständig für die Kommunikation des Clubs. Also wird der Slogan bleiben. Etwa als Schriftzug im Stadion oder auf jedem offiziellen Schriftstück der Cannstatter, und zwar unter dem Vereinslogo. Es wird aber auch verschwinden: Etwa von den Visitenkarten einiger (hoher) Clubmitarbeiter. Einen dosierten, nach offiziellem Duktus „variableren Einsatz“ halten also auch der Präsident Wolfgang Dietrich samt Vorstandschaft für angemessen. Von einem neuen Umgang will Oliver Schraft aber nichts wissen.

Und so polarisiert das Leitmotiv des VfB weiter seine Anhängerschaft. Bereits bei einer Umfrage im Januar 2016 befanden lediglich zehn Prozent der Fans: „Das Motto löst emotional etwas in mir aus.“ Im Gegensatz dazu ist das „1893 – furchtlos und treu“ in der Bestsellerliste der Trikot-Beflockungen im Fanshop ein Kassenschlager – es liegt auf Platz drei. Und so wird der umstrittene Leitgedanke weiter Teil des VfB-Alltags sein. Manchmal gibt es ihn gar als moderne Modifikation zu hören, so wie in der Telefon-Warteschleife. Dort läuft der Song „Troy“ von den Fantastischen Vier.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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