Traditionell gehört der Abend nach der Seebühnen-Premiere in Bregenz einer unbekannten Oper – in diesem Jahr Umberto Giordanos „Sibirien“. Ein Festspielhaus-Abend mit hochinteressanter Musik und einem szenischen Experiment, das nicht immer aufging.

Verdis Violetta ist dabei, Puccinis Manon Lescaut: die beiden großen Opern-Geschichten über Kurtisanen und die Liebe. Dazu Dostojewskis „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“, die später Leos Janácek zu einer Oper machen sollte: Beschreibungen des Lebens in einem sibirischen Straflager. Gründe, warum Umberto Giordanos 1903 uraufgeführte Oper „Sibirien“ lange nicht so erfolgreich war wie andere Stücke mit ähnlichen Themen, hört man beim Wiederbelebungsversuch der Bregenzer Festspiele zunächst nicht. Das Libretto enthält reichlich Theaterdonner und lässt viel Raum für Musik: Eine wohlhabende Prostituierte in St. Petersburg verliebt sich in einen jungen Offizier, der aus Eifersucht einen adligen Galan verprügelt und deshalb im Gulag landet; die Geliebte begleitet ihn und widersteht auch, als die Vergangenheit sie dort einholen will, wird aber bei der gemeinsamen Flucht von der Kugel eines Verfolgers getroffen. Es folgt ein ergreifender Tod im Schnee, und überhaupt bringt Giordano dem Sujet neben viel russischer Folklore (zu hören ist unter anderem immer wieder das populäre Lied der Wolgaschlepper) ein Höchstmaß an Emotionen ein.