Der Haus- und Grundeigentümerverein kämpft um einen niedrigen Grundsteuer-Hebesatz – und kann nicht verstehen, warum Surfwellen, ein Nachtbürgermeister oder Bio-Essen durch die Besteuerung des Basisgutes Wohnraum finanziert werden sollen.

Stuttgart - Der Haus- und Grundbesitzerverein Stuttgart hat die Stadträte aufgefordert, die Spendierhosen auszuziehen, die guten finanziellen Verhältnisse der Stadt nicht zu gefährden – und den Fortbestand der sogenannten „intelligenten Grundsteuer“ sicherzustellen. Anlass für diesen eindringlichen Appell in einer Pressemitteilung sind Überlegungen im ökosozialen Lager des Gemeinderats, diese Regelung wieder abzuschaffen – und dies auch in der Grünen-Fraktion, die vor Jahren die von der CDU beantragte Regelung mitbeschlossen hatte.

 

Gemeint ist die Praxis, dass der bei 520 Punkten angesiedelte Hebesatz für die Grundsteuer immer dann auf 420 Punkte gesenkt wird, wenn die Stadt ein finanziell gutes Jahr hinter sich hat und keine Schulden aufgenommen hat. Dann werden die Bodenbesitzer in Stuttgart um Steuerzahlungen von insgesamt gut 30 Millionen Euro pro Jahr entlastet.

Hausbesitzerverein fordert „Haushaltspolitik mit Augenmaß“

Das würde nach dem Jahr 2019 eigentlich auch 2020 greifen – und über die Umlage bei den Betriebskosten direkt den Mietern zugute kommen, wie der Vereinsvorsitzende Klaus Lang meint. Nach dem Auftakt der Haushaltsberatungen sieht er aber nicht nur die Gefahr, dass die Mehrheit für dieses Instrument bröckelt und der Gemeinderat mehrheitlich einen dauerhaft erhöhten Hebesatz beschließen wird. Er befürchtet auch, dass durch erneute Verschuldung die finanztechnischen Voraussetzungen für die intelligente Grundsteuer sozusagen automatisch entfallen könnten.

„Damit das kluge und bereits bewährte Steuerungsinstrument der intelligenten Grundsteuer beibehalten werden kann, ist eine Haushaltspolitik mit Augenmaß statt mit Spendierhosen erforderlich“, betonte Lang, der vor seinem Eintritt in den Ruhestand Stuttgarter Finanzbürgermeister mit CDU-Parteibuch war. In Zeiten steigender Mieten und Nebenkosten wäre es seiner Meinung nach „absolut falsch und kontraproduktiv, sich vom Instrument der intelligenten Grundsteuer zu verabschieden“.

Die Bedenken gegen eine niedrige Grundsteuer sind groß

Im Rathaus gibt es allerdings auch andere Auffassungen. Die SPD meint schon länger, dass Grundsteuersenkungen in erster Linie den Eigentümern großer Flächen wie den Automobilproduzenten zugute kommen. Die junge Fraktion Puls will nicht auf die gut 30 Millionen Euro verzichten, sondern damit den städtischen Haushalt verbessern. Darin sieht sie eine Frage der Generationengerechtigkeit. Die Grünen sind skeptisch geworden, haben sich bisher aber nicht festgelegt. Im Gemeinderat wurde der Beschluss im Oktober verschoben bis Ende Dezember, wenn man sich mehr Klarheit über die Einnahmen aus anderen Steuerarten und die finanzielle Entwicklung der Stadt erhofft.

Die Führung von Haus und Grund hielte es aber für falsch, „wenn Surf-Wellen, ein Nachtbürgermeister für die Party-Meile oder Bio-Essen ausgerechnet durch die Besteuerung des für alle existenziellen Basisgutes Wohnraum finanziert würde“. Mit besonderer Sorge betrachte man auch den „Überbietungswettbewerb“ beim Personalaufbau, da dieser dauerhafte Lasten zur Folge haben werde, erklärte Lang. Und der Geschäftsführer Ulrich Wecker meinte, OB Fritz Kuhn (Grüne) habe es besser hinbekommen. Der habe im Haushaltsentwurf der Verwaltung seine Ausgabenwünsche untergebracht und trotzdem die niedrige Grundsteuer vorgesehen.