Wirtschaftsstrafverfahren werden oft zur Hängepartie. Erst fünf Jahre nach der Anklage startet in Mannheim nun ein Prozess um einen Bilanzskandal. Einer der Verteidiger sieht darin einen Verstoß gegen Menschenrechte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wenn vor dem Landgericht Mannheim am Mittwoch ein großer Wirtschaftsprozess beginnt, steht ein kleines Jubiläum an. Fast auf den Tag genau ein halbes Jahrzehnt ist es dann her, dass die Staatsanwaltschaft im Bilanzskandal um den Leuchtenhersteller Hess AG aus Villingen-Schwenningen Anklage erhob. Im Oktober 2015 – Deutschland war gerade mit der Flüchtlingskrise beschäftigt – beendete sie ihre Ermittlungen um den kurz nach dem Börsengang in die Insolvenz gestürzten Mittelständler mit einer langen Liste an Vorwürfen. Falsche Bilanzierung, Kapitalanlagebetrug, Marktmanipulation, Kreditbetrug, schwere Untreue – das lastete sie insgesamt sechs Verantwortlichen an, vorneweg dem einstigen Vorstandschef Christoph Hess und dem Finanzvorstand Peter Ziegler. Gemeinsam hätten sie nicht existierende Umsätze in Millionenhöhe samt entsprechenden Erträgen ausgewiesen, um die Firma für die Börse aufzuhübschen – eine Art Wirecard-Skandal in klein.