Neben Fernreisezielen und Badefavoriten präsentieren sich auf der Stuttgarter Urlaubsmesse CMT auch die Städte Leonberg und Weil der Stadt. Am Leonberger Stand kann man mit ein bisschen Merkfähigkeit sogar etwas gewinnen.

Der Klassiker: Der Besuch einer Urlaubsmesse wie der CMT verstärkt beim einen oder anderen Hallenflaneur das Gefühl, auf der persönlichen Work-Life-Wippe herrsche Ungleichgewicht. Die Aufgabe der Aussteller besteht traditionell darin, diese Ahnung zu kanalisieren.

 

Wettbewerb um Aufmerksamkeit

Die messebaulichen Konsequenzen im Aufmerksamkeits-Wettbewerb Urlaubsschau unterscheiden sich radikal: Während Kroatien etwa in einer der größten Standlandschaften der CMT mit großformatig-quadratischen Strand- und Altstadt-Fotografien bis unter die Hallendecke auf geschätzt 2000 Kubikmetern um Aufmerksamkeit wirbt, verlässt sich Kanada auf die Strahlkraft seines ikonografischen Ahornblattes.

Vergleichbar verfährt das Jamaica Tourist Board: Im Stand des Karibikstaates hängen zwar ein paar hübsche Plakate mit verlockenden Aufschriften wie „Come back to loving“, vor allem aber vertraut Jamaika auf den verheißungsvollen Klang seines Namens: „Wenn man Jamaika hört, hat jeder ein Bild vor Augen“, sagt Toni Kahmann, die den jamaikanischen Stand betreut.

So weit ist Leonberg zwar noch nicht, aber die örtlichen Touristiker haben schon mal die Anzahl der ansteuernswerten Orte bestimmt: „Wir haben unsere fünf Sehenswürdigkeiten auf Bierdeckel gedruckt“, sagt Nadja Reichert, die Citymanagerin, wenn sie an ihrem Ministand ihr kleines Gewinnspiel erklärt. Dann nähert sich ein älteres Ehepaar. Die Frau nimmt also die Bierdeckel-Bildnisse von Hund, Engelbergturm, Marktbrunnen, Pomeranzengarten und Carl-Schmincke-Straße in Augenschein. „Wir haben die schönste Dorfstraße in Baden-Württemberg“, sagt die Citymanagerin, und die ältere Dame ist in der Lage, die fünf Sehenswürdigkeiten ohne Gucken zu rekapitulieren. Sie darf also die Bierdeckel mit nach Hause nehmen. Ihr Zuhause ist, sagt sie, in der Altstadt von Leonberg.

Neben dem Stand hockt ein Plastikhund

Die ältere Dame entspricht somit nicht ganz der Zielgruppe des Leonberger CMT-Standes: „Für uns ist das klassisch der Tagestourismus“, sagt Nadja Reichert vor der Standdekoration, einem leuchtenden Foto des Pomeranzengartens, ungefähr in der Größe der dutzendfach im Kroatien-Stand hängenden Urlaubsansichten.

Während am Leonberger Stand mit Bierdeckeln um Bierdeckel gespielt wird, haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg einen Hau-den-Lukas und ein Magnetfisch-Becken aufgefahren, und die Stadt Sindelfingen hat ihre „Merchandise-Kollektion neu bespielt“. Lätzchen für 7,90 Euro und Socken für 11,90 Euro mit Logo-Aufdruck sucht man am Leonberger Stand vergebens, es wäre auch kein Platz vorhanden. Dafür hockt neben dem Stand ein Plastikhund, eine Nachbildung der Skulptur „Der Leonberger“ von Ottmar Hörl. „Es ist auch goldig, wenn echte Hunde kommen“, sagt die Citymanagerin Nadja Reichert.

Nadja Reichert wirbt für Leonberg Foto: Simon Granville

Weil der Stadt hingegen – anders als die Dauer-Aussteller aus Leonberg nur zwei Tage lang auf der CMT vertreten, aber auch unter dem Dach der Region Stuttgart – wirbt mit menschlichen Blickfängen in Tiergestalt: Zwei Vertreterinnen der sogenannten Bären aus der Narrenzunft Aha sind vor Ort, um auf den Fasnetsumzug am 19. Februar einzustimmen – und natürlich als Pfund im Aufmerksamkeits-Wettbewerb. „Wir sind die Eyecatcher für Weil der Stadt“, sagt eine der beiden, und schon kommt maskierte Verstärkung aus der Hexen-Fraktion.

Hygiene im Mittelalter

Am Weil der Städter Stand selbst preist unterdessen Eva Weil von der Touristinfo den coronabedingt entstandenen Heimerkundungstrend, auf dessen Überwindung der Rest der Tourismusbranche hofft: „Das Bewusstsein wurde gestärkt, wie schön wir es im Umkreis von Stuttgart haben“, sagt Weil, die angibt, an ihrem Stand vor allem Fans des Astronomen Johannes Kepler und der gepflegten Fahrradwanderung zu begrüßen.

Ihre Kollegin Sandra Fleige preist indes die „Stadtführung neu gedacht“. Man wolle „weg von der historischen Führung, hin zur Erlebnisführung“. In ihrer Broschüre steht, dass man dabei „Wissenswertes über Ernährung, Gesundheit, Hygiene“ im Mittelalter erfahren könne. Die Frau im Burgfräulein-Kostüm, die vorbeispaziert, kommt aber vom Stand der Staatlichen Schlösser und Gärten.

Denn es geht bei einer Urlaubsmesse ja nicht zuletzt um Mobilität. Vielleicht deshalb hat die CMT in Halle 6, wo außer Leonberg und Weil der Stadt auch all die anderen innerdeutschen Ausflugs- und Reiseziele ihre Attraktionen präsentieren, als einzige Destination im Ausland auch den rumänischen Stand einquartiert. Wenn man dort nachfragt, weshalb das so ist, sagt ein Vertreter Rumäniens: „Das wüssten wir auch gerne.“ Nach einer Weile sagt ein zweiter: „Weil wir was besonderes sind.“ Er lacht.