Auf dem Citizen-Boley-Gelände soll neuer Wohnraum für Esslinger entstehen. Doch noch gehen die Meinungen darüber, wie genau das aussehen soll, weit auseinander.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Reinhard Putz, beim Aalener Investor Nowinta zuständig für das Bauträgergeschäft, ist von der Idee überzeugt: „Wenn wir unser Konzept umsetzen können, werden wir indirekt deutlich mehr Wohnraum für Familien in Esslingen schaffen.“ Wie unter anderem schon in Nürnberg, Heidelberg, Neu-Ulm und Schwäbisch Gmünd möchte Nowinta auf dem Citizen-Boley-Areal an der Berliner Straße 256 Ein-Zimmer- und 42 Zwei-Zimmer-Mikro-Apartments bauen.

 

Die Zielgruppe, so Putz, sind zu 80 Prozent Studenten und zu 20 Prozent so genannte Young Professionals, Projektmitarbeiter und Singles, die für einen überschaubaren Zeitraum Wohnungen suchen. Rund 500 Euro inklusive aller Nebenkosten soll ein möbliertes, 25 Quadratmeter großes Ein-Zimmer-Appartement kosten. Eingeschlossen sind die Nutzung von Gemeinschaftsräumen wie eines Lern- und eines IT-Raums und die Dienste eines Concierges, der die Post verteilt, aber auch technische Probleme löst. Im Schnitt zweieinhalb Jahre betrage die Wohndauer in den Nowinta-Standorten, sagt Putz. Das Konzept unterscheide sich also von den hotelähnlichen Mikro-Apartment-Plänen, die wenige 100 Meter weiter an der Berliner Straße am Alten Zentralen Omnibus-Bahnhof verwirklicht werden sollen.

In Esslingen gibt es 1000 Wohngemeinschaften

Man habe intensive Studien betrieben, sagt Putz. Klar sei, dass das aktuelle Wohnungsangebot auch in Esslingen den sich wandelnden Lebensbedingungen nicht mehr gerecht werde. Weil aber kleine Wohneinheiten Mangelware seien, bildeten viele Studenten Wohngemeinschaften, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollten. Rund 1000 solcher WGs gebe es in Esslingen. Wenn zehn Prozent der Bewohner in Mikro-Apartments umzögen, würden in Esslingen immerhin rund 100 Wohnungen für die Klientel frei, die tatsächlich größere Wohnungen benötigten.

Seit zwei Jahren bemüht sich Nowinta bereits um die Baugenehmigung für das Projekt. Doch seit Januar ruht das Bebauungsplanverfahren, weil die Fraktionen sich zunächst Klarheit über das weitere Vorgehen an der Berliner Straße verschaffen wollten. Jetzt kommt wieder Bewegung in den Prozess. In der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses haben Nowinta-Vertreter ihre Pläne für das Citizen-Boley-Areal vorgestellt – und sind dabei, so ist zu hören, überwiegend auf Wohlwollen gestoßen.

Sogar die Grünen, die Anfang des Jahres noch einen Planungsstopp für das alte ZOB-Gelände und das Citizen-Boley-Areal gefordert hatten, signalisieren mittlerweile Zustimmung. „Das Konzept klingt uns durchaus vernünftig“, erklärt die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel. Allerdings müsse man noch einmal über die geplante architektonische Ausführung reden: „Die Pläne, die wir gesehen haben, erinnern uns an die 1960-er Jahre.“

Die SPD setzt sich für „normalen Wohnraum“ ein

Wenig von den Nowinta-Plänen hält die SPD, die gerade ihren Antrag an die Stadtverwaltung öffentlich gemacht hat. Darin fordert die Partei, statt der 300 Mikro-Apartments auf dem Boley-Areal „normale Wohnungen unterschiedlicher Größenordnung zu errichten“. Wohnraum sei, so schreibt der Fraktionschef Andreas Koch in der Begründung, in Esslingen Mangelware „und folglich kaum noch bezahlbar“. Deshalb müssten möglichst viele neue Wohnungen bedarfsgerecht in verschiedenen Größen gebaut werden. Die Nachnutzung des Boley-Areals sei „dagegen nicht zielführend. In ihrer einseitigen Ausrichtung auf zahlungskräftige, nur vorübergehend hier wohnende Studenten und Young Professionals“ stelle sie kein Angebot für die Esslinger Bürger dar und entlaste den Wohnungsmarkt nicht wirklich. Am 25. Juni soll das Thema erneut im Technischen Ausschuss diskutiert werden.