Die Bundesregierung will zur Lösung internationaler Konflikte mehr beitragen. Wie sinnvoll ist die Neuausrichtung? Die Geschichte der Bundeswehreinsätze weist Erfolgsgeschichten, aber auch einige Tiefpunkte auf – eine Bilanz.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Berlin - Am Freitag soll der Bundestag ein letztes Mal den Kampfeinsatz in Afghanistan bis Ende 2014 verlängern. Zudem wird wohl die Beteiligung an der EU-Mission in Mali ausgeweitet – auch unter Mittun der deutsch-französischen Brigade. Das ist mehr als nur Routine, denn offenkundig weht ein neuer Wind in der Außen- und Sicherheitspolitik.

 

An Missionen mit vielen Tausend Soldaten hat die westliche Staatengemeinschaft offenkundig kein Interesse mehr. So zeichnet sich ab, dass es in Zukunft für die Bundeswehr mehr Einsätze geben könnte, aber nicht mehr so umfangreiche wie am Hindukusch oder auf dem Balkan. Gedacht ist eher an befristete Unterstützungs- oder Trainingsmissionen im UN-Auftrag oder mit europäischen Verbündeten. Die Bevölkerung ist gespalten: Nach einer Umfrage von Infratest dimap meinen zwar 52 Prozent der Bürger, dass sich Deutschland international stärker einmischen solle, doch 44 Prozent sagen das Gegenteil. Nur etwa jeder fünfte Befragte hält ein stärkeres militärisches Engagement für nötig, um auf weltweite Krisen zu reagieren.

Der Blick geht in Richtung Süden: Derzeit erarbeitet die Bundesregierung eine Afrikastrategie. „Es geht darum, dass Afrika als unser Nachbar nicht nur seine Probleme lösen, sondern auch seine Chancen nutzen kann“, argumentiert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Dies sei eine „europäische Aufgabe“. Für neue Missionen soll die Bundeswehr ihre besonderen Fähigkeiten zur Verfügung stellen: Ausbilder, Lufttransporter und medizinische Hilfe. Dass dies den Partnern auf Dauer reicht, ist fraglich. Es mehren sich die Stimmen in und abseits der großen Koalition, die perspektivisch größere Beiträge über Logistik und Luftunterstützung hinaus für notwendig halten.

Nächster Prüfstein neben Mali könnte eine kleinere Beteiligung am EU-Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik werden. Auch hier würden wohl ärztlicher Beistand und Transportflieger angeboten, sofern der Bundestag zustimmt und das stark belastete Fachpersonal dafür verfügbar ist. Umstritten sind zudem Pläne des Verteidigungsministeriums, Soldaten zur EU-Ausbildungsmission in die somalische Hauptstadt Mogadischu zu senden. Stets herrscht die Sorge, in einen Kampfeinsatz zu geraten. 14 Auslandseinsätze bestreitet die Bundeswehr aktuell mit um die 5000 Soldaten. Ursula von der Leyen sagt, das, was landläufig unter Kampfeinsätzen verstanden werde, treffe auf lediglich drei Missionen zu: auf die Piratenabwehr am Horn von Afrika, das Kosovo und Afghanistan. Gerade auf dem Balkan und am Hindukusch zeigt sich, wie schwer ein positives Fazit der Bundeswehreinsätze fällt. Staatszerfall und Terror wurden jeweils aufgehalten – nicht beseitigt. Mit militärischen Mitteln lässt sich viel unnötiges Leid in der Zivilbevölkerung verhindern, Staatskrisen müssten aber von der Politik behoben werden.