Weil ihm die Angeklagte zu gefährlich erscheint, verfügt der Richter, die Fußfesseln bleiben dran. Ihre Anwälte schinden derweil Zeit.

Hat tatsächlich die heute 24-jährige Schahraben Kh.-B. aus Ingolstadt im August 2022 zusammen mit einem Bekannten eine ebenfalls junge Frau ermordet, wie es die Staatsanwaltschaft anklagt, weil sie sehr ähnlich aussah wie Kh.-B.? Weil diese, wie die Ermittler glauben, ihren eigenen Tod vortäuschen und untertauchen wollte? Auf diese Weise ihrer jesidischen Großfamilie entfliegen? Und warum wurde diese Tat so unglaublich brutal ausgeführt? Die Mörder schlugen Khadidja O. gegen den Hinterkopf, sodass sie zu Boden fiel. Anschließend rammten sie wieder und wieder eine Klinge in den Leib. 56 Messerstiche wurden bei der Obduktion festgestellt. Die Angeklagten sollen die junge Frau aus Eppingen bei Heilbronn per Internet in eine Falle gelockt haben: Ihr war eine Gratis-Schönheitsbehandlung angeboten worden.

 

Riege aus Starverteidigern

Bis das Landgericht Ingolstadt auf diese Fragen Antworten geben kann und ein Urteil im Mordverfahren gegen Kh.-B. und ihren 25-jährigen Mitangeklagten Sheqir K. fällt, wird es noch eine ganze Weile dauern. Das hat der zweite Prozesstag am Montag gezeigt. Denn die Strategie der vier Verteidiger der Frau ist eindeutig: Sie setzen mit verschiedenen juristischen Mitteln auf eine Verzögerung des Verfahrens.

Doch ihren Antrag, den Prozess vorerst auszusetzen, weil sie von der Staatsanwaltschaft noch bis zum Beginn der Verhandlung mit Aktenmengen zugeschüttet worden seien, lehnt das Gericht ab. Ebenso wie den Antrag, Kh.-B. im Verhandlungssaal die Fußfessel abzunehmen. Der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl verweist auf eine „erhebliche Gewaltbereitschaft“ der Frau.

Es folgt direkt der nächste Antrag: Verteidiger Johannes Makepeace verlangt eine Unterbrechung von zwei Wochen, damit sich die Angeklagte besser in die Akten einlesen könne, die ihr lange vorenthalten worden seien - für ein „faires Verfahren“. So wird versucht, schon Duftmarken zu setzen und Pflöcke einzuschlagen, bevor im Gericht überhaupt über die grauenhafte, bestialische Tat gesprochen wird.

Staatsanwältin Alexandra Engel widerspricht erwartungsgemäß: Die Angeklagte habe über ihre Verteidiger immer Zugang zu den Akten gehabt. Monja Szerafy, die Anwältin des Vaters der getöteten Frau, meint recht erbost, „sage und schreibe vier Verteidiger“ hätten bislang fast fünf Monate Zeit gehabt, mit ihrer Mandantin über den Fall zu reden. Zumindest drei der vier Anwälte sind in München nicht irgendwer, sie gelten als „Starverteidiger“, darunter auch Alexander Stevens, der in Fernsehserien auch schon Verteidiger gespielt hat.

Wessen Idee war es?

Bevor gegebenenfalls die Angeklagten aussagen und in der Beweisaufnahme die Umstände des Mordes an Khadidja O. sicherlich schonungslos schrecklich dargelegt werden, haben im Gerichtssaal die verschiedenen Parteien Aufstellung genommen. Kh.-B.s Verteidiger Alexander Betz lässt die Richtung durchscheinen: So könne es sich herausstellen, meint er, dass angebliche Instagram-Locknachrichten nur „unverfängliche unternehmerische Werbemaßnahmen“ gewesen seien. Auch müsse geklärt werden, „wessen Idee es war, nach Heilbronn zu fahren“.

Die angeklagte Schahraban Kh.-B. und deren Verteidiger werden versuchen, den Mittäter zu belasten und ihm möglichst viel Schuld zuzuweisen. Eine große Schlammschlacht kündigt sich an. Sheqir K. und sein Verteidiger reagieren allerdings bisher nicht auf solche Winkelzüge der anderen Partei. Das könnte darauf hinweisen, dass K. sich womöglich bereit zeigt, seinen Teil der Schuld auf sich zu nehmen.

Das Gericht setzt sich einstweilen mit einem Kompromissvorschlag durch: Der Verhandlungstag wird beendet, der am Dienstag entfällt, weiter geht es erst am 30. Januar. Dann dürfte sich Sheqir K. einlassen. Ob seine Bekannte Kh.-B. auch etwas sagt, ist bisher offen. Richter Kliegl hat schon Verhandlungstage bis in den August und darüber hinaus anvisiert.