Lokalpolitiker und Selbstständige dringen auf eine Erhöhung der Kapazitäten beim Öffentlichen Personennahverkehr in Stuttgart-Stammheim. Betroffen ist die Stadtbahnlinie U15.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim - „Bei uns brennt’s, wir haben einen Riesenbedarf, und es muss schnell gehen!“, sagte Bezirksvorsteherin Susanne Korge vergangene Woche in der Schlossscheuer. Brisantes Thema bei der Sitzung des Bezirksbeirates war der Öffentliche Personennahverkehr im Ort. Einigkeit herrschte am Ratstisch, dass es beim Bus- und Stadtbahnangebot erheblichen Verbesserungsbedarf gibt. Die Stadtbahnlinie sei in den Hauptverkehrszeiten schlicht überfüllt. Ein unerfreulicher Umstand, den nicht nur die Politiker äußern. Auch Axel Ueberschär, der Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins Stammheim und Vertreter vieler Selbstständiger im Ort, teilt diese Ansicht. Er informierte kürzlich in einem Gespräch Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) über den Missstand und weitere Verkehrsprobleme.

 

Zusatzfahrten der U15 während der Hauptverkehrszeiten?

Mit welchen Maßnahmen dem ÖPNV-Problem begegnet werden könnte, darüber haben sich die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) Gedanken gemacht und dies im Planpapier „Perspektiven des öffentlichen Verkehrs in Stuttgart“ zusammengefasst. Darin sind auch Vorschläge für die Außenstadtbezirke Stammheim und Zuffenhausen enthalten.

Unter anderem ist von einer Verlängerung der Buslinie B412 von Stammheim bis zum Zuffenhäuser Kelterplatz die Rede. Bislang verkehrt der Bus zwischen dem Kornwestheimer Stadtteil Pattonville und der Asperger Straße in Stammheim. Die Weiterführung der Buslinie nach Zuffenhausen würde die U15 in diesem Bereich entlasten und gleichzeitig den Norden Zuffenhausens etwas besser erschließen, heißt es in der Untersuchung, die VVS und SSB in Auftrag gegeben haben.

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Die Sorge der Stammheimer Bezirksvorsteherin und den Beiräten ist nun, dass die Maßnahmen nicht schnell genug umgesetzt werden, weshalb sie in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirates einstimmig einen Antrag auf den Weg gebracht haben, der auch im Gemeinderat Nachhall finden soll. „Der Bezirksbeirat Stammheim fordert eine deutliche Erhöhung der Kapazitäten des ÖPNV von und nach Stammheim, spätestens bis zur Fertigstellung des Neubaugebiets Langenäcker-Wiesert 2020/21“. Erfolgen soll dies durch eine rasche Umsetzung der geplanten Verlängerung der Buslinie 412 sowie baldmöglichst durch zusätzliche, sogenannte Verstärkerfahrten der U15 während der Hauptverkehrszeiten oder eine zweite Stadtbahnlinie mindestens bis zum Pragsattel.

Korge: Strukturdaten sind nicht aktuell

Veraltet seien die vermeintlich aktuellen Strukturdaten, die dem Nahverkehrsentwicklungsplan für den Bereich Stammheim zugrunde gelegt werden: Statt der 12 374 Einwohner werde die Einwohnerzahl künftig auf rund 13 800 steigen, die Zahl der Schüler auf mehr als 1000, bedingt durch den Umzug der Park-Realschule aus Zuffenhausen nach Stammheim. Außerdem nutzten viele Pendler aus dem Raum Ludwigsburg die Stadtbahnlinie U15. „Mit weiteren Fahrgästen ist zu rechnen, da in der JVA die Zahl der Haftplätze verdoppelt wird und somit mehr Beschäftigte und Besucher kommen“, heißt es in dem Antrag weiter. „Im Mehrzweckgebäude gibt es bisher einen Sitzungssaal, zwei weitere Sitzungssäle im neuen OLG-Gebäude für große Prozesse mit vielen Teilnehmern kommen demnächst hinzu. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen wie der Bau eines Vollzugskrankenhauses geplant.“

„Stammheim hat seit langem die höchste Kfz-Dichte in Stuttgart“, das Radwegenetz in Stammheim sei nicht gut ausgebaut, auch hat sich Car2Go komplett aus dem Stadtbezirk zurückgezogen, argumentieren die Politiker weiter. „Es gibt keine attraktiven Alternativen zur U 15, insbesondere keinen S-Bahn-Anschluss.“ Durch die geforderten Maßnahmen werde „der Umstieg vom Pkw auf den ÖPNV deutlich attraktiver!“

SSB: Umsetzung derzeit offen

SSB-Sprecherin Birte Schaper erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung, dass der Wunsch des Bezirksbeirates nach zusätzlichen Fahrten der Stadtbahnlinie U 15 bereits „Eingang in den Nahverkehrsentwicklungsplan gefunden hat“. Allerdings enthalte das Planwerk Maßnahmen, die mittel- bis langfristig umgesetzt werden könnten. Ob und wann die darin enthaltenen Vorschläge tatsächlich umgesetzt würden, sei derzeit offen.

Was die gewünschte Verlängerung der Buslinie 412 angeht, so gibt das zuständige Landratsamt Auskunft: „Zunächst muss der Prüfauftrag aus dem Nahverkehrsentwicklungsplan umgesetzt werden, um festzustellen, ob diese Maßnahme verkehrlich sinnvoll ist“, teilt Andreas Fritz, Sprecher des Landratsamtes Ludwigsburg, mit. „Diese Prüfung und die Ermittlung der Mehrkosten erfolgt durch den Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart.“ Weil außerdem derzeit noch ein Ausschreibungsverfahren für einen neuen Betreiber für den Busverkehr in diesem Bereich laufe, könne die Maßnahme frühestens im Jahr 2020 umgesetzt werden.