Geht es um die Klimakrise, bekommt Kohlendioxid stets die größte Aufmerksamkeit. Ein anderes Gas wird oft wenig beachtet: Lachgas. Dabei erzeugen Menschen eine immer größere Menge davon.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Kartuschen mit Lachgas, die neben Süßigkeiten zum Verkauf angeboten werden: Das findet man mittlerweile mancherorts in Deutschland. Denn abgesehen von der medizinischen Verwendung als Narkosemittel wird Lachgas zunehmend auch als Partydroge benutzt. Was häufig zu folgendem Effekt führt: starke Euphorie, auch Benommenheit und Halluzinationen. Inhaliert wird das Gas durch Luftballons, die vorher mit den Lachgas-Kartuschen befüllt werden.

 

Klimaschädlicher Effekt von Lachgas

Der viel gravierendere Effekt von Lachgas auf das globale Klima dürfte den meisten kaum bekannt sein: Die Menschheit produziert zunehmend mehr klimaschädliches Lachgas. Distickstoffmonoxid oder N2O, wie der wissenschaftliche Begriff heißt, ist nach Kohlendioxid und Methan das drittwichtigste Treibhausgas.

Die Menschheit produziert zunehmend mehr klimaschädliches Lachgas. N2O ist nach Kohlendioxid und Methan das drittschädlichste Treibhausgas. Foto: Imago/NurPhoto

In den vier Jahrzehnten seit 1980 seien die von Menschen verursachten Lachgas-Emissionen um etwa 40 Prozent gestiegen, heißt es in der umfangreichen Analyse („Global Nitrous Oxide Budget 1980-2020“) des Forschungsverbunds Global Carbon Project unter Leitung des Boston College in den USA. In den zuletzt untersuchten Jahren 2020 und 2021 seien es besonders hohe Werte gewesen.

Riesige Mengen an N2O entstehen aus Versehen, etwa durch das Düngen von Feldern oder beim Verbrennen von fossilen Energieträgern. Und gelangen so in die Atmosphäre.

Die Autoren der Studie betonen, dass es zur Einhaltung der Klimaziele nötig sei, auch die Lachgas-Emissionen zu verringern. Nur dann könne der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt werden, erklärt der Erstautor Hanqin Tian vom Boston College. „Die Reduzierung der Lachgasemissionen ist die einzige Lösung, da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen.“

Haupttreiber: chemischer Dünger und Gülle

Auf natürliche Weise gelangt Lachgas ebenfalls in die Luft. Zwei Drittel der derzeitigen Emissionen sind den Experten zufolge darauf zurückzuführen. Diese Menge wird aber normalerweise wieder abgebaut.

Ein Landwirt bringt mit seinem Gespann Gülle im sogenannten Schleppschuh Verfahren auf einem Feld aus. Foto: dpa/Philipp Schulze

In diesen natürlichen Stickstoff-Kreislauf der Erde haben die Menschen eingegriffen. Sie nutzen den Stickstoff der Luft (also N2, nicht N2O), um daraus in einem chemischen Verfahren Dünger herzustellen. Hinzu kommt die Gülle, die auf Weiden gelassen oder auf Feldern ausgebracht wird. Wird all dieser Dünger nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen, kann er sich direkt in Lachgas verwandeln oder später in die Atmosphäre gelangen.

Landwirtschaft verantwortlich für 74 Prozent der Lachgas-Emissionen

Insgesamt ist die Landwirtschaft der neuen Studie zufolge für 74 Prozent des menschlichen Lachgas-Ausstoßes verantwortlich. Vor allem in Ländern, in denen die Bevölkerung um viele Millionen gewachsen ist, sind die Lachgas-Emissionen in den vier untersuchten Jahrzehnten stark angestiegen, darunter besonders in China und Indien. In Europa hingegen ist der Ausstoß zurückgegngen, unter anderem, weil weniger fossile Brennstoffe verwendet wurden und die chemische Industrie ihre Prozesse geändert hat.

Etwa zehn Millionen Tonnen Lachgas verursachte die Menschheit 2020 und 2021 pro Jahr, heißt es nach Angaben des Boston College weiter. Während im Jahr 1750 in der Atmosphäre noch 270 Lachgas-Teilchen pro Milliarde Teilchen (ppb) zu finden waren, stieg dieser Anteil im Jahr 2022 auf 336 Teilchen – ein Zuwachs um fast 25 Prozent.

Reduzierung durch gezieltere Düngung möglich

Um die Menge des menschengemachten Lachgases zu verringern, schlagen Fachleute mehrere Ansätze vor. Die US-Umweltschutzbehörde hält es für zentral, Düngemittel effizienter einzusetzen. Wird weniger Dünger verwendet, verbleibt am Ende weniger Überschuss im Boden, der zu Lachgas werden kann. Außerdem empfiehlt die Behörde, weniger Öl, Gas und Kohle zu verwenden beziehungsweise Katalysatoren bei deren Verbrennung einzusetzen.

An der sehr umfassenden Studie arbeiteten 58 Fachleute aus 15 Ländern mit, auch aus Europa. Sie nutzten Millionen von Messungen aus vier Jahrzehnten: aus der Luft, aus Süßwasser und den Ozeanen.

Tian zufolge handelt es sich um die bisher umfassendste Untersuchung des globalen Lachgases. Wegen der großen Unsicherheiten, etwa was die Bodenbeschaffenheit angeht, geben die Forschenden für die N2O-Emissionen eine große Spannbreite an. Die Messungen des N2O-Anteils in der Atmosphäre hingegen sind sehr genau.