Beim Treffen der OSZE in Nordmazedonien muss sich Sergej Lawrow von seinen Kollegen deutliche Worte anhören. Der sieht die Schuld für die Krise aber beim Westen.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Kein Lächeln, keine freundlichen Worte – es ist ein frostiger Empfang für Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Der OSZE-Vorsitzende und nordmazedonische Außenminister Bujar Osmani schüttelte seinem Kollegen zur offiziellen Begrüßung beim Ministerratstreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im nordmazedonischen Skopje kurz und geschäftsmäßig die Hand. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine steht im Widerspruch zu allem, was dieser Organisation lieb und teuer ist“, betonte Bujar Osmani danach in seiner einführenden Rede und gab damit den Ton der Gespräche des zweitägigen Treffens vor.

 

Noch schärfer formulierten es am Donnerstag im Laufe der Diskussionen die spanischen Vertreter. Die Verantwortlichen des Krieges müssten zur Rechenschaft gezogen werden – auch die in Führungspositionen. Lawrow blätterte bei diesen Sätzen demonstrativ desinteressiert in seinen Unterlagen.

Einige Staaten boykottieren das Treffen

Einige der insgesamt 57 Teilnehmerplätze blieben bei dem Treffen allerdings leer. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und seine Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben ihre Teilnahme aus Protest gegen die Anwesenheit Lawrows abgesagt. Nur wenige Meter vom unwillkommenen Gast aus dem Kreml entfernt, nahm am Donnerstag die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Platz.

Sie verteidigte ihr Kommen damit, dass die Organisation, deren Ziel es ist, für Frieden und Sicherheit in Europa zu sorgen, nicht von Russland zerstört werden dürfe. „Das perfide Spiel der russischen Regierung ist und war es eben auch, Organisationen, die auf ein friedliches Miteinander auf Kooperation setzen, mit dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine ebenfalls zu zerstören“, sagte Baerbock bei ihrer Rede in Skopje. Die OSZE stehe wie kaum eine andere Organisation für die Sicherheit von mehr als 1,3 Milliarden Menschen, die gemeinsam in Frieden und Sicherheit und guter wirtschaftlicher Entwicklung leben wollen.

Eine Tirade des genervten Außenministers

Lawrow wirkte reichlich genervt angesichts der ständigen Anschuldigungen, so wurde seine eigene Rede zu einer Tirade gegen seine Kollegen. Die tiefe Krise der OSZE ist aus seiner Sicht allein die Schuld westlicher Staaten. „Die OSZE wird zu einem Anhängsel der Nato und der Europäischen Union. Die Organisation steht am Rande des Abgrunds“, sagte er in Skopje. Die „westliche Politikelite“ habe sich für die östliche Nato-Erweiterung und somit gegen die OSZE entschieden, so Lawrow. Mehrere Delegierte anderer Staaten verließen während seiner Rede den Saal.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt schwand die Hoffnung, dass der Kreml seine Veto-Haltung aufgeben könnten, die die OSZE nahezu handlungsunfähig macht. Nicht nur das Budget ist blockiert, auch die offiziellen Beobachter- und Hilfsmissionen in der Ukraine musste eingestellt werden. Zudem hatte Russland das sehr Moskau-kritische Nato-Land Estland als OSZE-Vorsitzland für 2024 abgelehnt. Erst am Montag konnte sich die Staaten-Gruppe auf Malta als künftiges Vorsitzland einigen. Ungewiss ist auch, ob in Skopje wichtige Personalentscheidungen gefällt werden können, die von Moskau blockiert werden. Die Amtszeiten der Deutschen Helga Schmid als Generalsekretärin und den OSZE-Vertretern für Demokratie, Medienfreiheit und Minderheiten sollen verlängert werden. Gelingt das nicht, müssen alle Anfang Dezember ihre Posten räumen.

Lawrow will Baerbock nicht zuhören

Die deutsche Außenministerin Baerbock appelliert an ihre Kollegen in Skopje mit Nachdruck, sich nicht dem Druck des Kremls zu beugen. Dass es Russland nicht gelungen sei, die OSZE zu zerstören, „ist ein wichtiger Beitrag für unsere Friedensordnung. Und diese Friedensordnung muss weitergehen.“ Russlands Außenminister Lawrow hörte diese Mahnungen allerdings nicht. Er hatte zum Zeitpunkt von Baerbocks Rede den Saal verlassen.