Nach den Krawallen am Römerkastell hat der erste Prozess begonnen. Einem 29-Jährigen wird vorgeworfen, Steine auf Polizisten geworfen und zu Krawallen angestiftet zu haben. Auf seine Spur kamen die Ermittler mithilfe von Super-Recognisern.

Am 16. September 2023 ist es im Cannstatter Stadtteil Hallschlag zu schweren Ausschreitungen gekommen. Hunderte von Randalierern wollten eine Veranstaltung eines als regierungsnah geltenden Eritrea-Vereins stören. Es spielten sich regelrecht Straßenkämpfe ab, Regimegegner gingen auf Polizeibeamte los, attackierten sie mit Holzlatten und warfen mit Steinen und Flaschen. Selbst Stühle flogen auf die Einsatzkräfte. Von mehreren Seiten wurde versucht, die Polizeiketten zu durchbrechen, um in die Turn- und Versammlungshalle an der Rommelstraße zu stürmen. Die traurige Bilanz: Mehrere Veranstaltungsteilnehmer sowie 39 Polizisten wurden laut Staatsanwaltschaft teils schwer verletzt, zehn waren dienstunfähig.

 

Prozess nach Stammheim verlegt

Am Donnerstagnachmittag hat der Prozess gegen einen mutmaßlichen Randalierer begonnen. Der 29-Jährige muss sich wegen des Verdachts des besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung und des tätlichen Angriffs auf Einsatzkräfte am Amtsgericht Bad Cannstatt verantworten. Es ist der erste Prozess zu den Krawallen am Römerkastell. Zum Schutz aller Beteiligter und mit Blick auf die zurückliegenden Ereignisse hat man sich entschieden, das Verfahren im Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichts in Stammheim durchzuführen.

Dem Angeklagten, der sich beim Verhandlungsauftakt weder zur Person noch zur Sache äußerte, wird vorgeworfen, an dem Tag am Römerkastell um 13.53 Uhr als Erster den Betonfuß eines Bauzauns in Richtung Polizisten geworfen zu haben. Im weiteren Verlauf soll der eritreische Staatsbürger mit verschiedenen Gegenständen, unter anderem einem mehr als drei Kilogramm schweren Pflasterstein, versucht haben, Einsatzkräfte, die zu Beginn der Ausschreitungen ohne Schutzschilde und Helme vor Ort waren, zu treffen. Durch sein Verhalten habe er andere Personen animiert, Polizisten zu attackieren. Sach- und Personenschäden seien billigend in Kauf genommen worden, so die Anklage. Der 29-Jährige sei aus Sicht der Staatsanwaltschaft aus seinem Wohnort Laichingen bei Schwäbisch Hall gezielt nach Bad Cannstatt gefahren, um die Veranstaltung zu stören.

120 Stunden Videomaterial

Der 29-jährige Angeklagte konnte Mitte Januar festgenommen werden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Auf die Spur des Mannes kam die Polizei durch die Auswertung von Videoaufnahmen. Ein Team aus fünf sogenannten Super-Recognisern, die besonders gut Gesichter wiedererkennen können, hatte nach den Krawallen rund 120 Stunden Material ausgewertet.