Die Erzieherin Sandra Fink spricht bei den Aktionswochen gegen Rassismus über Hilfe für Migranten und über Diskriminierung im Alltag.

Tu was für andere, und du tust was für dich – so lautet das Credo von Sandra Fink. Die Leiterin von zwei Kindergärten in Leonberg engagiert sich als Sprecherin des Internationalen Rats der Stadt für Menschen mit Fluchterfahrung. Im Rahmen der landesweiten Aktionswochen gegen Rassismus ist sie derzeit im Kreis Böblingen unterwegs, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Der Verein „Landkreis Böblingen bleibt bunt“ hatte zur Teilnahme an den Aktionswochen aufgerufen. So referierte Sandra Fink nicht nur in der Christian-Wagner-Bücherei in Rutesheim, sondern ist auch am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Leonberg mit Schülern zum Thema Rassismus im Gespräch.

 

Von der Arbeit mit den Schülern der fünften und sechsten Klassen und deren Reaktionen auf das Thema sei sie sehr berührt, sagte die Erzieherin auf Nachfrage. Es gebe in den Klassen viele Jugendliche mit Migrationshintergrund. Unter dem Motto „Nein zu Alltagsdiskriminierung! Misch dich ein“ wird das Thema unter verschiedenen Aspekten beleuchtet. In Arbeitsgruppen werden Strategien entwickelt, wie Rassismus und Diskriminierung im Alltag begegnet werden kann.

Strategien gegen Rassismus und Diskriminierung im Alltag entwickeln

In der Rutesheimer Stadtbücherei schilderte Sandra Fink, wie sie und ihre Kolleginnen vom Clara-Grunwald-Kindergarten in Leonberg Flüchtlingskindern und deren Eltern bei der ersten großen Fluchtwelle 2015 halfen, sich zurechtzufinden. Damals fanden sich im Umfeld der Kita in der Rutesheimer Straße über 500 Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften ein. Das Netzwerk Gartenstadt, in dem sich Ehrenamtliche zusammengefunden haben, um Geflüchtete willkommen zu heißen und zu unterstützen, und in dem auch Sandra Fink Mitglied ist, bot damals rasch Spielgruppen für Kinder, ein Begegnungscafé und Hilfe im Alltag an. Sie berichtete von Flüchtlingskindern, deren Eltern teilweise noch nie etwas von Kindergärten gehört hatten. „Auch wussten wir nie, wie lange die Kinder bei uns sein würden“, erinnert sich die Kindergartenleiterin. „Aber auch wenn sie nur zwei Wochen da sind, baut man eine Beziehung zu ihnen auf.“

2017 sei ihre Kita zum Familiennetzwerk mit unterstützenden Angeboten für die Eltern ausgebaut worden. Zusammen mit dem Team des Clara-Grunwald-Kindergartens entstand die Broschüre „Mittendrin und voll dabei“. Diese soll Einrichtungen dabei helfen, „kleine Flüchtlingskinder und ihre Familien in Kitas zu begleiten“ – vom Ankommen und der Eingewöhnung über den Alltag bis zur Haltung und Werten, die vermittelt werden. In einem Film erzählen die Erzieherinnen, wie die Arbeit mit Flüchtlingskindern die eigene Sichtweise verändert hat, und schildern berührende und bereichernde Erfahrungen.

Sandra Fink erzählt von einer jungen Frau aus Afghanistan, die als Praktikantin in den Kindergarten kam und die die Kinder schnell ins Herz schlossen. Die ausgebildete Biologielehrerin lernte rasch Deutsch und entschloss sich, eine Ausbildung zur Erzieherin zu machen – eine Win-win-Situation angesichts des Fachkräftemangels.

In der Gesellschaft hat sich etwas verändert

In den vergangenen Jahren habe sich in der Gesellschaft etwas verändert, das habe sich bei der Flüchtlingswelle aus der Ukraine bemerkbar gemacht, meint Sandra Fink und spricht von Erfahrungen mit Rassismus im Alltag. Es gebe Verunsicherungen durch Corona, Fachkräftemangel und kaum freie Kitaplätze. So seien in Leonberg derzeit keine Plätze für Kinder aus der Ukraine frei. Mit Ehrenamtlichen habe man zwei Spielgruppen eingerichtet. Weitere Ehrenamtliche würden händeringend gesucht, was zunehmend schwieriger werde, so Sandra Fink. Doch die perfekte Lösung gebe es nicht. Vorurteile könnten nur abgebaut werden, indem man sich auf fremde Kulturen und Menschen einlasse und Möglichkeiten zur Begegnung schaffe.

Zum Schluss zeigte sie einen Film, in dem der Internationale Rat Menschen in Leonberg nach ihren Erfahrungen mit Rassismus befragte. Unter den vielen Antworten war auch die einer jungen Inderin. „Dafür, wo du herkommst, sprichst du schon gut Deutsch“, habe neulich jemand zu ihr gesagt. „Ich bin hier geboren“, antwortete sie mit einem Lächeln. Die Leiterin der Rutesheimer Christian-Wagner-Bücherei, Mechthild Hagemeier-Beck, wies darauf hin, dass das Jahresthema der Einrichtung „Vielfalt“ sei. Zum Monatsthema „Rassismus“ und wie ihm begegnet werden kann, hält die Bücherei im Erdgeschoss zahlreiche Medien bereit.