Ägyptens Staatschef Sisi wird gerade wiedergewählt. Der Autokrat gilt sowohl in den Golf-Staaten als auch im Westen als Fels in der Brandung.

Der Sieger der Präsidentschaftswahl in Ägypten steht fest, bevor die Wahllokale am Dienstag schließen: Staatschef Abdel Fattah al-Sisi geht einem Erfolg und einer dritten Amtszeit bis 2029 entgegen. Unter der autokratischen Regierung des 69-Jährigen hat kein Mitbewerber eine Chance auf das höchste Staatsamt im bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt. Der Krieg im Gaza-Streifen gab Sisi die Möglichkeit, sich als Garant von Stabilität in Szene zu setzen. Trotz der teils selbst verschuldeten Wirtschaftskrise kann Sisi weiter mit Milliardenhilfen rechnen, weil Akteure von den Golf-Staaten bis zur EU einen Zusammenbruch des Landes verhindern wollen.

 

Der Ex-General Sisi hatte sich vor zehn Jahren gegen den islamistischen Präsidenten Mohamed Morsi an die Macht geputscht. Seitdem hat sich Sisi zweimal mit jeweils mehr als 90 Prozent der Stimmen als Präsident im Amt bestätigen lassen. Sisis jetzige drei Gegenkandidaten sind weitgehend unbekannt; der aussichtsreichste Kandidat stieg aus dem Rennen aus und warf den Behörden vor, ihn und seine Anhänger unter Druck gesetzt zu haben.

Armut der Bevölkerung

Das Wahlergebnis soll am Montag verkündet werden. Der in Deutschland lebende ägyptische Journalist Hossam el-Hamalawy schrieb in einem Beitrag für die Denkfabrik Arab Reform Initiative: „Sisi wird einfach deshalb gewinnen, weil er die staatlichen Institutionen und den berüchtigten Sicherheitsapparat kontrolliert, und weil er jeden ernsthaften Herausforderer eliminiert hat.“

Bis zum Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober und der israelischen Gegenoffensive hatte Sisi nur ein ernstes Problem: die schlechte Wirtschaft. Ägypten ist hoch verschuldet, die Inflation liegt bei rund 40 Prozent. Jeder dritte Ägypter lebt von weniger als drei Euro am Tag. Die Regierung verschleppt Reformen wie eine Stärkung des Privatsektors, weil dieser den wirtschaftlichen Einfluss der Armee schmälerte, die hinter Sisi steht. Trotz Geldnot treibt Sisi teure Prestigeprojekte voran – etwa den Bau einer Verwaltungshauptstadt bei Kairo.

Der Gaza-Krieg verdrängte die Wirtschaftsmisere als wichtigstes Thema der Ägypter, die sich mit der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza solidarisierten. Sisi ließ humanitäre Hilfe über ägyptisches Gebiet nach Gaza zu, lehnte aber eine Umsiedlung von Palästinensern auf die ägyptische Sinaihalbinsel ab. Er beteiligt sich an Bemühungen um eine neue Waffenruhe. Ägypten hat diplomatische Beziehungen mit Israel, hält aber auch Kontakt zur Hamas, obwohl sie zur Bewegung der Muslim-Bruderschaft gehört, die von Sisi als Terrororganisation verfolgt wird. Sisi profitiert zudem davon, dass er bei einflussreichen Regierungen im Ausland als unentbehrlich gilt. Ägypten wirkt wie ein Fels in der Brandung: der Gaza-Krieg im Nordosten, die Bürgerkriegsländer Libyen und Sudan im Westen und Süden. „Ägypten steht bei fast allen in der Kreide, aber niemand hat ein Interesse daran, Ägypten zu destabilisieren“, sagte der Nahost-Experte David Butter vom britischen Institut Chatham House.

Großzügige Geldgaben

Die Golf-Staaten Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate haben Ägypten in den letzten zehn Jahren Milliardenbeträge überwiesen und wollen nun aufstocken. Auch der IWF gibt Sisi mehr Geld. Obwohl seine Regierung die Bedingungen für ein Hilfspaket aus dem vorigen Jahr nicht erfüllt hat, will der IWF wegen des Gaza-Krieges nachlegen. Die EU will Ägypten mit zehn Milliarden Dollar helfen. Europa will so verhindern, dass Ägypten zum Sprungbrett für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa wird. Beobachter vermuten, dass Sisis Regierung mit einem frischen Mandat die überfälligen Reformen angehen will. Dies könnte noch mehr Ägypter in die Armut treiben und Proteste gegen die Regierung auslösen.