Der 20-jährige Zauberer Nikolai Striebel aus Filderstadt verrät zwar keine Tricks. Aber was er erzählt, ist trotzdem spannend: von Pannen auf der Bühne, vom Magischen Zirkel und davon, wer für ihn das schwierigste Publikum ist.

Filderstadt - Mit flinken Fingern mischt Nikolai Striebel die Karten. Der auserwählte Herzbube wird mit einem Kugelschreiber markiert, bekommt einen Knick, schwupps, ist er schon wieder irgendwo im Stapel. Sein Blick fixiert die Augen des Gegenübers, er macht eine magische Handbewegung über dem Stapel – und dreht die oberste Karte um: Herzbube.

 

Wie er das gemacht hat? „Das verrate ich natürlich nicht“, sagt Nikolai Striebel und lacht. Ehrenkodex der Zauberer. Und es geht um noch mehr: Ein Mitglied des Magischen Zirkels darf keine Zaubertricks öffentlich verraten, sonst droht sogar eine hohe Geldstrafe.

Mit 14 Jahren direkt auf den ersten Platz

Der 20-Jährige, der vor Kurzem von Reutlingen nach Filderstadt gezogen ist, zaubert seit fast fünf Jahren professionell – mit beachtlichen Erfolgen. Zuletzt gewann er den Grand Prix Michel Cailloux in Quebec, Kanada. Bereits bei seiner ersten Teilnahme an den Deutschen Jugendmeisterschaften der Zauberkunst ist er mit 14 Jahren direkt auf dem ersten Platz gelandet. Seitdem ist er Mitglied im Magischen Zirkel Stuttgart, der zu den traditionsreichsten und bekanntesten Ortszirkeln gilt.

Beim Magischen Zirkel hat Nikolai Striebel seinen Mentor und Regisseur Eberhard Riese kennengelernt, erzählt er. Riese, vor seinem Ruhestand Lehrer am Paracelsus-Gymnasium in Hohenheim, ist der Vorsitzende des Magischen Zirkels von Deutschland. Die Zirkel sind eine internationale Vereinigung von Zauberkünstlern zur Pflege und Förderung der magischen Kunst. Man trifft sich zweimal im Monat, tauscht sich aus und lernt voneinander. „Mitglied wird nur, wer entweder die Aufnahmeprüfung besteht oder wer bei bestimmten Zauberwettbewerben unter die Besten kommt“, erklärt Nikolai Striebel.

Stifte verschwinden, Papierflieger wechseln Farbe

Seinen ersten Zauberkasten hat der Filderstädter im Alter von acht Jahren geschenkt bekommen, richtig Feuer gefangen hat er allerdings erst mit elf. „Ich habe damals eine Kiste gebastelt, in meinem Kinderzimmer geübt und schließlich meinen ersten Trick geschafft“, erzählt er. Heute hantiert Nikolai Striebel mit Spielkarten, lässt Stifte verschwinden oder verzaubert seine Zuschauer damit, dass seine Papierflieger die Farbe wechseln.

Das schwierigste Publikum seien andere Zauberer: „So kommt es bei Wettbewerben vor allem darauf an, was komplett Neues zu zeigen und ein starkes Bild zu schaffen.“ Das Ziel: Selbst die Jury soll nicht dahinter kommen, wie der neue Trick funktioniert.

Normalerweise zeigt Nikolai Striebel sein magisches Händchen bei Firmen- und Privatfeiern oder Galas – unter anderem in China, Spanien und England. „Die Zauberei ist nur das Mittel, bei meinen Auftritten geht es in erster Linie um das Entertainment.“ Er will den Zuschauer vom Stress des Alltags entführen, ihn Kind werden lassen. Besonders spannend sei die Close-Up-Zauberei, bei der er von Tisch zu Tisch geht und Gäste in seine Tricks einbezieht. Hier erlebt er aber auch, wie Leute dazwischenrufen oder in die Karten greifen. „Man muss den Spagat schaffen, diejenigen humorvoll unter Kontrolle zu bringen, ohne sie zu beleidigen.“

Der Zauberer studiert in Stuttgart-Hohenheim

Nikolai Striebel will hauptberuflicher Zauberer mit eigener Show werden. Seit einem Semester studiert er Kommunikationswissenschaft in Hohenheim. Für ihn passt das gut zu seinem Berufswunsch, weil er an der Uni auch lerne, sich selbst zu vermarkten. Selbst beigebracht hat er sich indes, mit seinem Lampenfieber umzugehen. „Man muss lernen, die Aufregung für sich zu nutzen, nur so wird diese besondere Energie auf der Bühne freigesetzt.“ Fehlt das Lampenfieber, können Präsenz und Konzentration schon mal verloren gehen.

Ihm sei dies bisher nur einmal passiert. Nach einem Auftritt am späten Abend in Lettland ging morgens um 4 Uhr der Flieger nach Spanien für eine Vorführung am Mittag. „Diese Show lief nicht gut, mir sind Karten heruntergefallen, die an der Stelle hätten gar nicht runterfallen dürfen“, erinnert er sich. „Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen.“ Sei der Fehler nicht offensichtlich, heißt es: Die Show muss weiter gehen, improvisieren. Ist der Fehler eindeutig, helfe nur eines: „Ein guter Gag.“ Dank des Adrenalins fände er meist die richtigen Worte. Das Schlimmste sei, wenn das Geheimnis des Zauberers – theoretisch – auffliege. „Doch zum Glück verstehen es die meisten dann gar nicht.“

Er hat sich vorgenommen, sich selbst zu bleiben. „Man wird immer wieder vor hunderten Leuten gefeiert, aber am Ende des Tages geht es darum, auf dem Boden zu bleiben“, betont er und fängt an, zu lachen, als er sagt, dass er nun doch bereit sei, ein Geheimnis zu verraten, es lautet: „Ich kann gar nicht zaubern.“