Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kümmert sich künftig als Minister um die Heimat. Das ist eine Kampfansage der Union an die Konkurrenz von rechts, analysiert der StZ-Autor Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Wer den Posten hat, muss sich um Spott nicht sorgen: „Eine neue Kneipe eröffnet in Berlin“, twittert ein Witzbold, „sie nennt sich #heimatministerium.“ Horst Seehofer macht Karriere – postwendend in der Hitliste der meistgezwitscherten Schlagwörter dieses sozialen Netzwerks, künftig als neuer Superminister in der Hauptstadt. Über Schunkelpflicht und eine neue Dependance des Bundeskabinetts auf Schloss Neuschwanstein wird da gelästert, der Volksmusikant und Schlagermoderator Florian Silbereisen werde wohl Staatssekretär. „Regierungsbeauftragter für rechtsoffene Dampfplauderei“, nennt der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger das nach Seehofers Wunsch ausgebaute Innenministerium.

 

„Konservative sind Patrioten ihrer Heimat“

Den Beipackzettel zu dieser Personalie hatte der CSU-Mann Alexander Dobrindt, früher Seehofers Generalsekretär, unlängst in Gestalt eines Gastbeitrags für die „Welt am Sonntag“ schon vorformuliert. „Linke haben seit 1968 Heimat diffamiert als einen angeblich reaktionären Ort der Engstirnigkeit“, so schrieb er. „Konservative sind Patrioten ihrer Heimat. Heimat und Vaterland sind Wurzeln unserer Identität.“ Mit solchen Sätzen warb Dobrindt für eine „konservative Revolution“. In Bayern hat dieses Denken seit 2014 schon einen Repräsentanten am Kabinettstisch. Damals erfand Seehofer in seinem Reich das Heimatministerium. Es wurde dem Finanzminister übertragen. Der heißt Markus Söder und wird demnächst Ministerpräsident. Ungeachtet der vermeintlich angestaubten Bezeichnung handelt es sich offenbar um kein Abstellgleis der Politik.

„Geheimwaffe gegen die Wutbürger“

Heimat ist vielmehr zum Kampfbegriff geworden, spätestens seit die AfD mit einschlägigen Phrasen erfolgreich um Stimmen warb. Die CDU hatte sich schon vor einem Jahr vorgenommen, auch in Berlin ein Heimatministerium einzurichten. „Das Heimatministerium kann ein Exportschlager sein“, frohlockte Söder. Die neue konservativ-liberale NRW-Regierung berief prompt eine Heimatministerin, von der man sich verspricht, sie könnte eine „Geheimwaffe gegen Wutbürger“ sein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte in seiner Festrede zum Einheitsfeiertag, man dürfe „die Sehnsucht nach Heimat nicht den Nationalisten überlassen“. Und selbst der neue Grünen-Popstar Robert Habeck meint, die Politik brauche „eine Heimatidee“.

Dafür soll nun also Seehofer zuständig sein. Sein künftiger Job ist weniger nostalgisch, als sich das anhört. Wenn er ihn gut macht, muss er Mittel und Wege finden, um zu verhindern, dass ländliche Räume veröden, dass die Leute abseits der Metropolen sich abgehängt fühlen. Das würde vor allem viel Geld kosten – Geld, das im Koalitionsvertrag noch nicht exakt beziffert ist. Heimat, das sind nicht nur Buslinien, Landärzte, vor der Schließung bewahrte Dorfschulen. Es geht da auch um Identität und Zusammenhalt. Ob Seehofer der richtige Mann dafür ist?