In einer ungewöhnlichen Koalition hat sich der Landtag für den bereits abgeschafften Titel stark gemacht. SPD, CDU und FDP wollen den Diplomingenieur zurück. Die Grünen stehen alleine.

Stuttgart - Die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und ihre Parteifreunde sahen sich im Landtag allein auf weiter Flur. Alle anderen Fraktionen wollen erreichen, dass Absolventen von technischen Studiengängen künftig zusätzlich den Titel Diplomingenieur führen können. Bauer warnte eindringlich davor, den Bologna-Prozess zu verwässern. Bei der Reform wurden die Hochschulabschlüsse auf die internationalen Grade Bachelor und Master umgestellt.

 

Mecklenburg-Vorpommern schert aus

Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte sich 2010 darauf verständigt, dass diese Titel die Bezeichnung Diplomingenieur ersetzen. Inzwischen schert Mecklenburg-Vorpommern aus und verleiht Masterstudenten auf Antrag anstelle des Mastertitels den Diplomgrad. „Es wäre falsch, diesen Irrweg einzuschlagen“, riet die Ministerin ab. Diese Studiengänge würden nicht akkreditiert.

Nachteile für Hochschulen

Fatal wäre eine solche Änderung für die Studenten der früheren Fachhochschulen, der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), argumentierte Bauer. Dort studieren die meisten künftigen Technikexperten, der Regelabschluss ist der Bachelor. Sollten sich nur Masterabsolventen Diplom-Ingenieur nennen dürfen, würde das Studium an einer HAW zu unrecht abgewertet, legte die Ministerin dar. Es sei auch nicht einsichtig, warum nur Ingenieure den alten Titel führen sollten. „Chemiker wollen das auch“.

Bauer weiß die Rektoren der HAW und die Arbeitgeber hinter sich. Deren Präsident Dieter Hundt warnt, „eine Rückkehr zu Diplom-Abschlüssen für Masterabsolventen hätte die Abwertung des Bachelors und einen weiteren Ansturm auf die Masterstudienplätze zur Folge“. Die Wirtschaft brauche jedoch nicht nur Master.

Bachelor werden einbezogen

Dagegen macht sich die Hochschulrektorenkonferenz unter Führung von Horst Hippler, dem früheren Präsidenten des KIT für den Diplom-Ingenieur stark. Die Argumentation der HRK hat sich inzwischen gewandelt. Ursprünglich forderte Hippler den Titel nur für Master, was auch als Seitenhieb der Universitäten gegen die HAW verstanden wurde. Nun schreibt Hippler an die KMK, sie solle den Weg frei machen, dass Absolventen sowohl von Bachelor- wie von Masterstudiengängen sich Diplom-Ingenieur nennen dürfen. Sie wären dann Diplom-Ingenieur (Master of Science, M.Sc), beziehungsweise Master of Engineering (M.Eng) oder bei Bachelorabschlüssen Diplom-Ingenieur (B.Sc.) beziehungsweise (B.Eng).

Opposition freut sich über SPD

CDU, SPD und FDP im Landtag finden an der Forderung Gefallen. Es wäre ein Nachteil wenn der renommierte Titel entfiele, sagt die CDU. Weil er zusätzlich geführt werde, schade die Wiederbelebung der Bologna-Reform nicht. Die FDP versteht gar nicht, wieso Bauer an ihrer rigiden Haltung festhalte und die SPD fühlt sich der Opposition näher als ihrem Koalitionspartner. Allerdings wolle man keinen baden-württembergischen Alleingang. CDU und FDP nehmen die „ausgestreckte Hand der SPD“ frohlockend an. Das Weitere berät der Wissenschaftsausschuss.