Der Europaparlamentarier Lars Patrick Berg ist wegen deren zunehmender Radikalisierung einst aus der AfD ausgetreten. Nun warnt der Heidelberger, der Partei bei der Europawahl die Stimme zu geben.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

In diesen Tagen ist Lars Patrick Berg mit Packen beschäftigt. Wie alle Europaparlamentarier muss er am Ende der Legislaturperiode das Büro räumen. Doch der 58-jährige Abgeordnete ist überzeugt, dass er nach der Europawahl am 9. Juni als Abgeordneter des Bündnis Deutschland wieder in die Räume im Willy-Brand-Gebäude in Brüssel einziehen wird. „Wir sind eine neue und kleine Partei“, räumt Berg ein, „da muss man sich doppelt und dreifach anstrengen.“ Er hofft, dass seine Partei mit ihm als Spitzenkandidat bis zu zwei Sitze im neuen Parlament holen wird. Es gebe im Moment ein gewisses „konservatives Momentum“ in Deutschland, sagt Berg. Die Umfragen geben ihm Recht, für die Wahl wird ein deutlicher Rechtsruck im Europaparlament erwartet.

 

Mit der AfD will niemand zusammenarbeiten

Auch die AfD werde im nächsten Parlament mit mehr Abgeordneten in Brüssel vertreten sein, sagt Berg. „Das heißt aber nicht, dass der Einfluss der Partei größer werden wird.“ Keine ernst zu nehmende, rechtskonservative Partei werde mit ihr zusammenarbeiten, ist er überzeugt, die „AfD-Abgeordneten werden völlig isoliert sein“. Sein Fazit: „Jede Stimme für die AfD ist bei der Europawahl eine verlorene Stimme.“

Zuletzt hatte die französische extreme Rechte Marine Le Pen für Aufsehen gesorgt, als sie sich von der deutschen AfD deutlich distanzierte. Grund waren mutmaßliche Pläne für Massenvertreibungen, die nach einem ominösen Treffen in Potsdam bekannt wurden. Zudem findet die Forderung vieler AfD-Politiker nach einem Austritt des eigenen Landes aus der EU bei Frankreichs extremen Rechten absolut keinen Widerhall. Allerdings gehören der Rassemblement National von Marine Le Pen und die AfD im Europaparlament der Fraktion „Identität und Demokratie“ an. Die Gruppe rechtspopulistischer, nationalistischer und rechtsextremer Parteien hat sich nach der Europawahl 2019 formiert. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Parteien war bisher aber nicht zu erkennen.

Ein Blick ins Innenleben der AfD

Lars Patrick Berg kennt das Innenleben der AfD aus eigener Erfahrung. Er startete seine politische Karriere in der Partei, zuerst als Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, dann ab 2019 im Europaparlament. Ohne eine stabile Parteistruktur im Rücken ist es allerdings kaum möglich, konstruktive Politik zu machen, was am Ende auch der Grund für seinen Austritt aus der AfD war. Angesichts der ständigen innerparteilichen Querelen und der zunehmenden Radikalisierung verließ Berg 2021 die Partei und schloss sich Anfang 2023 dem Bündnis Deutschland an.

Berg ist überzeugt, dass sich in den vergangenen Jahren der Konservatismus weiterentwickelt hat. „Wir sind nicht in den 1950er Jahren steckengeblieben, sondern stehen inzwischen auch für Gleichberechtigung, den Schutz von Minderheiten und die sexuelle Selbstbestimmung“, sagt der in Heidelberg wohnende Berg. Konservative Ideen seien für viele Menschen wieder attraktiv, weil sie Sicherheit böten. „Wir leben in einer Zeit der multiplen Krisen“, analysiert der Politiker, da würden traditionelle Werte wie Familie oder Heimat wieder eine neue Anziehungskraft entfalten.

Erfolglose Gespräche mit Hans-Georg Maaßen

Deshalb sieht Berg ein Potenzial für moderate Parteien rechts der CDU, die ihr konservatives Profil verwässert habe. Das erklärt für ihn den Erfolg von Hans-Georg Maaßen und der Werteunion. Das Bündnis Deutschland habe mit dem ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes auf der Suche nach einem prominenten Zugpferd ebenfalls Kontakt aufgenommen, erzählt Berg. Aus einer Zusammenarbeit sei dann allerdings zunächst nichts geworden. In seinen Augen bedarf es mit Maaßen eventuell noch weiterer klärender Gespräche.