Die Hohenheimer Wissenschaftlerin Christine Wieck erklärt, warum unser jetziger Konsum in vielerlei Hinsicht nicht zukunftsfähig ist.

Ändert der Green Deal der Europäischen Union unsere Ernährung? Müssen wir unsere Gewohnheiten ändern? Sind die schon getroffenen Regelungen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und durch die gravierenden Folgen des Krieges gerade auch auf die Ernährungssicherheit in vielen Teilen der Welt überhaupt noch haltbar? Mit diesen Fragen hat sich die Leiterin des Instituts für Ernährungs- und Agrarpolitik der Universität Hohenheim Professorin Christine Wieck beschäftigt. Und so unklar die Lage in der Welt und die Folgen des Krieges gerade noch sind, klar scheint: Es muss sich einiges ändern.

 

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„Wir schauen mit einem sehr EU-zentrierten Blick auf das Problem“, sagte Christine Wieck gleich zu Beginn einer Online-Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Europa – Mehr als ein Gedanke“, bei der auch die Friedrich-Naumann-Stiftung Partner ist. Der Krieg in der Ukraine werde die Globalisierung deutlich stärker ausbremsen als in den vergangenen Jahren die Spannungen zwischen den USA und China und der damit verbundene Entkopplungsprozess der beiden gerade für Europa so wichtigen Märkte.

Was der Green Deal der EU beinhaltet

Die europäische Agrar- und Ernährungswirtschaft habe bisher von der Globalisierung stark profitiert, erklärte die Wissenschaftlerin. Man müsse nur an die Erntehelfer denken, egal ob beim Spargel oder bei den Erdbeeren, die längst nicht mehr nur aus EU-Ländern anreisten. Auch unsere Ernährungsgewohnheiten seien inzwischen eng mit der Globalisierung verbunden, beispielsweise die Tatsache, dass hierzulande nur noch die Putenbrust gegessen werde, die übrigen verwertbaren Teile des Geflügels aber nach außerhalb der EU exportiert würden.

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Der Green Deal der EU ist ein Strategieplan, mit dessen Hilfe bis 2050 der Ressourcenverbrauch deutlich reduziert werden soll, angestrebt werden beispielsweise auch Null-Nettoemissionen von Treibhausgasen. In den vergangenen Jahren gab es dazu auf EU-, Bund- und Länderebene schon eine ganze Reihe von Maßnahmen und Initiativen, etwa die Farm-to-Fork-Strategie der EU, also „Hof auf den Teller“. Darin wird „eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Land- und Ernährungswirtschaft, die auf Innovation und digitale Technik setzt“, propagiert, wie es auf der Website der Bundesregierung heißt. Maßnahmen dazu werden an der Uni Hohenheim erforscht, aktuell etwa mit einem Projekt zum Precision Farming auf dem Ihinger Hof der Uni, wo es um die Reduzierung von Düngemitteln und Pestiziden durch den Einsatz von Hightech geht.

Eine Veränderung der Essgewohnheiten ist notwendig

„Es ist viel im Gange, und es wird große Veränderungen geben“, sagte Wieck und wies darauf hin, dass der Krieg in der Ukraine ganz neue Antworten erfordere. „Wir lösen unsere Probleme nicht dadurch, dass wir unseren Konsum beibehalten, aber nicht mehr das essen, was hier produziert wird.“ Natürlich könne der Staat lenkend eingreifen, etwa durch Steuern. Aber: „Unser jetziger Konsum ist in vielerlei Hinsicht nicht nachhaltig.“ Andererseits sei es aber auch nicht an jedem Standort möglich, mehr Getreide für den Teller und nicht für den Trog, also Futtermittel, zu produzieren.

Die Hohenheimer Professorin weist als Orientierung für eine Veränderung der Essgewohnheiten auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation oder des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hin. Sie selbst versucht auch, sich daran zu halten. Zusammengefasst bedeutet das: weniger Fleisch, weniger Zucker, weniger hochverarbeitete Lebensmittel, mehr pflanzliche und pflanzenbasierte Ernährung. Und weniger wegwerfen.