Bei jüngeren organisierten Arbeitnehmern hat die Union der SPD um Peer Steinbrück den Rang abgelaufen. Die Linkspartei muss im Gewerkschaftslager Verluste wegstecken.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die SPD ist bei den organisierten Arbeitnehmern die Nummer eins. 35,9 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder gaben ihre Zweitstimme den Sozialdemokraten, ergab eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für den Gewerkschaftsbund. Doch selbst in dieser Gruppe liegt die Union mit 32,4 Prozent fast schon gleichauf. CDU/CSU haben somit 7,4 Prozent gegenüber 2009 zugelegt, die SPD aber nur um 2,4 Prozent.

 

Demzufolge konnten die Genossen in ihrer früheren Stammklientel wenig Boden gut machen. Peer Steinbrück, der frühere Agenda-Befürworter, hat auf die Gewerkschaftsmitglieder keine besonders große Anziehungskraft ausgeübt. Und selbst der frühere IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel, der als Arbeitsminister vorgesehen war, konnte nicht so viele frühere Nichtwähler anlocken, wie er es sich gewünscht hatte. Denn selbst im Arbeitnehmerlager hat ihnen Angela Merkel das Wasser abgegraben – vor allem bei den jüngeren Gewerkschaftern und erst recht bei den jungen Frauen, wo die Union sogar stärkste Partei ist.

Besonders deutlich wird die Machtverschiebung im langfristigen Vergleich: 1998 erzielte die SPD auf diesem Feld noch 55,7 Prozent der Stimmen, während sich die Union mit 22,4 Prozent bescheiden musste.

Linke hat im Westen keinen Arbeitnehmerbonus

Eine weitere Überraschung ist der Fall der Linkspartei. Nur jedes neunte Gewerkschaftsmitglied (11,0 Prozent) machte sein Kreuz bei der Linken. Obwohl an deren Spitze mit Bernd Riexinger ein (beurlaubter) Verdi-Funktionär steht und obwohl das Parteiprogramm viele Gewerkschaftswünsche aufgreift, muss die Linkspartei ein Minus von 6,1 Prozent wegstecken. Im Westen kommt sie auf sieben, im Osten aber auf 31 Prozent. Das bedeutet: Wo die Gewerkschaften stark sind, ist die Linke schwach – wo Gewerkschaften wenig zu melden haben, sind die Sozialisten populär.

Riexinger hatte zuletzt nicht mit Kritik an der Neigung mancher Gewerkschaftsführer zu einer Großen Koalition gespart. DGB-Chef Michael Sommer sowie der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber dürfen sich derweil darin bestätigt sehen, selbst für den einst engen Verbündeten SPD nicht dezidiert geworben zu haben. Denn dann hätten sie jedes dritte Mitglied, das nun Union gewählt hat, vor den Kopf gestoßen und den eigenen Interessen geschadet.

Die Grünen erreichen 8,4 Prozent. Der Schwund von 1,5 Prozent gegenüber 2009 ist am ehesten auf den Vertrauensverlust bei den Beamten zurückzuführen, deren Wahlverhalten auch eingeflossen ist. Die Staatsdiener sehen sich im Südwesten und in NRW von Grünen und SPD angegriffen. Nun quittierten sie dies offenbar mit einer verstärkten Hinwendung zur CDU. Zudem war Steinbrück im TV-Duell die Forderung herausgerutscht, die Entwicklung der Pensionen an die gesetzliche Rente zu koppeln – was wohl auch Kredit gekostet hat.