Überschwemmungen einerseits, Hitzewellen und Trockenheit andererseits: Das Wetter im vergangenen Jahr war für viele Menschen in Europa eine Herausforderung, etliche Temperaturrekorde wurden geknackt. 2024 geht die verhängnisvolle Serie weiter.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Es ist eine unheilvolle Serie: Seit nun schon einem Jahr ist jeder einzelne Monat der weltweit wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Der Mai war der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Mittwoch (5. Juni) mitteilte.

 

Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, war der Mai demnach 1,52 Grad wärmer. Die gemittelte globale Temperatur der vergangenen zwölf Monate – von Juni 2023 bis Mai 2024 – erreichte ebenfalls einen Höchstwert: Sie lag 1,63 Grad über dem vorindustriellen Niveau.

Keine Änderung des Trends in Sicht

„Es ist schockierend, aber nicht überraschend, dass wir diese zwölfmonatige Serie erreicht haben“, sagt Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. „Zwar wird diese Abfolge von Rekordmonaten irgendwann unterbrochen werden, doch die allgemeine Signatur des Klimawandels bleibt bestehen, und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht.“

Weil CO2 eine lange Lebensdauer hat, wird der schon jetzt eingetretene Temperaturanstieg noch Jahrzehnte anhalten. Foto: Imago/Design Pics

Nur wenn man die Konzentration der Treibhausgase in nächster Zukunft stabilisiere, könne man vielleicht bis Ende des Jahrhunderts zu kühleren Temperaturen zurückkehren, betont Buontempo.

UN-Generalsekretär António Guterres mahnt ebenfalls ein schnelles Handeln an. „Wir brechen die globalen Temperaturrekorde und ernten den Wirbelwind. Es ist die Zeit der Klimakrise. Jetzt ist es an der Zeit zu mobilisieren, zu handeln und zu liefern.“

Immer höhere Temperaturen

Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen.

Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die genutzten Daten gehen zurück bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar.

Eine indische Frau in Hyderaba, die ein Kind trägt, nutzt einen Teil ihres Sari, um ihr Kind an einem heißen Sommertag vor der Sonne zu schützen. Foto: AP/Mahesh Kumar A./dpa

Über ganz Europa gemittelt waren 2023 elf Monate überdurchschnittlich warm. Der September sei sogar der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1940 gewesen. Insgesamt sei ein Rekordwert an Tagen mit sogenanntem extremen Hitzestress registriert worden, also gefühlten Temperaturen von über 46 Grad. Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle sei in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt um 30 Prozent gestiegen.

„Kakophonie gebrochener Rekorde“

Der Vorsitzender der World Meteorological Organization (WMO), Petteri Taalas, spricht von einer „ohrenbetäubenden Kakophonie gebrochener Rekorde“. „Wir müssen jetzt handeln, um die Risiken eines zunehmend unwirtlichen Klimas in diesem und den kommenden Jahrhunderten zu begrenzen.“

Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre, die globalen Temperaturen und der Anstieg des Meeresspiegels hätten neue Höchstwerte erreicht, so Taalas. Das antarktische Meereis sei wiederum auf einen Tiefstwert zurückgegangen.

Diese Entwicklung sei „mehr als nur Statistik“, betont Taalas. „Wir riskieren, den Wettlauf um die Rettung unserer Gletscher und die Eindämmung des Anstiegs des Meeresspiegels zu verlieren.“ Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren und Starkregen hätten auf der Erde in diesem Jahr zudem „eine Spur der Verwüstung und Verzweiflung“ hinterlassen.