Wenigstens einer der Chefprüfer beim Rechnungshof war bisher ein „Roter“. Nun wird er durch einen einstigen CDU-Berater ersetzt, und das unter Grün-Rot. Warum eigentlich?, fragt der StZ-Kommentator Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Name des Ministerpräsidenten erschien gleich dreimal in der kurzen Pressemitteilung des Rechnungshofes. Winfried Kretschmann habe den neuen Chefprüfer ernannt, in Kretschmanns Staatsministerium sei dieser zuvor tätig gewesen – das herauszustellen war dem Präsidenten Max Munding (CDU) erkennbar wichtig. Es ist ja auch bemerkenswert: ausgerechnet unter einem grünen Regierungschef einer grün-roten Koalition wird der letzte rote Farbtupfer in der Führungsriege der Kontrollbehörde getilgt. Ein früherer CDU-Berater ersetzt den einzigen traditionell von der SPD vorgeschlagenen Chefprüfer, künftig sind dort mehr oder weniger konservative Direktoren, darunter ein FDP-Mann, unter sich.

 

An der fachlichen Qualifikation des Neuen gibt es – soweit ersichtlich – nichts auszusetzen. Es geht auch nicht um die Person, sondern ums Prinzip. Einer dem Anspruch nach unabhängigen Behörde kann es nur guttun, wenn nicht alle Chefprüfer dem Dunstkreis der gleichen Partei entstammen. Altgedienten Regierungsbeamten fällt es nun einmal schwer, die eigene Regierung kritisch in den Blick zu nehmen; der Rollenwechsel gelingt nicht jedem. Das beste Argument für eine gewisse Mischung lieferte der EnBW-Deal: Nur der auf SPD-Ticket ins Amt gekommene Direktor pochte zu CDU-Zeiten auf die eigentlich zwingend gebotene Prüfung des Milliardengeschäfts, Munding und seine Kollegen ließen ihn zunächst ins Leere laufen.

Das Kuckucksei persönlich abgeholt

Wenn die Christdemokraten von 2016 an wieder regieren sollten, was ja nicht unwahrscheinlich ist, fehlt ein solches Korrektiv beim Rechnungshof – zumal der Präsident übers Rentenalter hinaus im Amt bleiben will. Warum gerade Grün-Rot mit der guten Tradition bricht, zumindest ansatzweise für Pluralität zu sorgen, ist schwer begreiflich. Fehlt es am Bewusstsein für den Stellenwert der Personalentscheidung? Ist es die Sorge, der parteipolitischen Einflussnahme geziehen zu werden? Geeignetes Personal müsste, wenn nicht bei den Grünen, so zumindest bei der SPD vorhanden sein. Kretschmann wurde auch deshalb gewählt, um den schwarz durchwirkten Apparat ein Stück weit zu durchlüften. Für die Enttäuschung, wie wenig wichtig ihm das jedenfalls beim Rechnungshof schien, fand ein StZ-Leser kürzlich einen hübschen Vergleich: Die Meise lasse sich das Kuckucksei nicht nur unterjubeln – nein, sie hole es persönlich beim Kuckuck ab und bedanke sich auch noch dafür.

Dem ist nichts hinzuzufügen.