Der Straßburger Parlament stimmt über eine neue Waldstrategie ab. Den Grünen gehen die Pläne nicht weit genug, doch auch die Forstwirte sparen nicht mit Kritik.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Um den Wald in Europa steht es nicht gut. Klimawandel und Luftverschmutzung setzen den Bäumen immer stärker zu, aber auch durch die Zersiedelung und die Nachfrage nach Biomasse sind viele Gebiete unter Druck. In Deutschland gingen nach EU-Angaben von Januar 2018 bis April 2021 rund fünf Prozent der gesamten Waldfläche verloren.

 

Die Europäische Union will diesem Trend nun gegensteuern. Im Straßburger Parlament wird aus diesem Grund Anfang dieser Woche über die „Neue EU-Waldstrategie für 2030“ abgestimmt, die für eine nachhaltige Bewirtschaftung sorgen und die Wälder auch an die Folgen des Klimawandels anpassen soll.

Drei Milliarden Bäume für Europa

In den kommenden Jahren sollen in der EU zum Beispiel drei Milliarden neue Bäume gepflanzt werden. Im Zentrum steht auch der Schutz der bestehenden Gebiete, das gilt vor allem für die letzten verbleibenden Urwälder Europas. Aber natürlich kann der Mensch nicht einfach ausgesperrt werden. Deshalb sollen Projekte gefördert werden, die es ermöglichen, die Wälder abseits der Abholzung als Wirtschaftsfaktor zu nutzen, etwa durch Ökotourismus. Zudem sollen jene Waldbesitzer finanziell unterstützt werden, die ihre Flächen im Sinne eines intakten Ökosystems erhalten, auch um mögliche wirtschaftliche Verluste auszugleichen. Gleichzeitig soll die Fähigkeit des Waldes der CO2-Speicherung genutzt werden, um bis 2030 mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen einzusparen.

Scharfe Gegenwehr der Forstverbände

Die Forstwirtschaft läuft gegen die Pläne allerdings Sturm. „Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes lehnt die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission entschieden ab“, hieß es in einer Mitteilung des Verbandes, als die EU-Waldstrategie im vergangenen Jahr erstmals präsentiert wurde. Die Nutzungsbeschränkungen seien zu rigide und die Forst- und Holzwirtschaft drohe „als Spielball für die Kompensation zu geringer Klimaschutzanstrengungen anderer Sektoren missbraucht zu werden“. Zudem würde durch die Vorgaben der dringend notwendige Aufbau klimastabiler Wälder behindert und damit deren unverzichtbare Klimaschutzfunktion massiv gefährdet. Statt einen ganzheitlichen Ansatz mit den drei gleichberechtigten Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales zu verfolgen, setze die EU-Kommission einseitig auf Partikularinteressen, klagt der Verband.

Große Unzufriedenheit ist aber auch aufseiten der Umweltschützer zu vernehmen. Das dringend benötigte Umsteuern zum Schutz des Waldes und im Kampf gegen den Klimawandel sei mit der nun vorgelegten EU-Waldstrategie nicht zu bekommen, heißt es aus deren Reihen. Schuld daran trage vor allem die Forst- und Holzindustrie, der es gelungen sei, den ursprünglich guten Ansatz zu verwässern.

Wald als Klimapuffer und Schutzraum

Zu den schärfsten Kritikern gehört Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss. Vor einer Veranstaltung in Bad Zwesten zur Zukunft des Waldes erklärte er: „In Europa und auch weltweit setzen wir hohe Erwartungen an den Wald. Er soll CO2-Senke sein, Klimapuffer, Schutzraum für die Biodiversität und nicht zuletzt Quelle für nachwachsende Ressourcen.“ Die Realität sei allerdings eine andere, denn Dürreschäden, Schädlinge und auch die intensive Nutzung für Bauen und Heizen hätten ihm stark zugesetzt. Auch seien etwa die Pläne, den Wald weiter als Energielieferanten auszubeuten nicht hinzunehmen. Die ursprünglich gute Idee sei schlicht ausgehöhlt worden, heißt es aus den Reihen der Grünen. Ihre Konsequenz: sie werden bei der Abstimmung im Straßburger Parlament gegen die neue EU-Waldstrategie stimmen.